: Schäuble erinnert Schalcks Post nicht
Bonn (taz) — Der Briefkasten des CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble bleibt für den Schalck-Untersuchungsausschuß des Bundestages weiterhin eine Black Box: Auch bei seiner zweiten Vernehmung durch das Gremium konnte sich Schäuble am Freitag nicht mehr an den Inhalt dreier Briefe erinnern, die der frühere DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck- Golodkowski nach seiner Flucht in den Westen ihm geschickt hatte. Die Briefe seien auch nicht mehr auffindbar. Bei seiner ersten Vernehmung im November letzten Jahres hatte der CDU-Politiker ausgesagt, es habe sich um persönliche Briefe Schalcks privaten Inhalts gehandelt. Durch Vermerke des Bundesnachrichtendienstes und Aussagen des Absenders selbst wurde aber mittlerweile bekannt, daß sich Schalck in mindestens einem der strittigen Briefe ausführlich über SED-Auslandsfirmen und deren Vermögen ausließ. Trotz dieser Vorhalte blieb Schäuble dabei: „Ich weiß nicht, ob ich einen solchen Brief erhalten habe.“ Er habe „keine präzise Erinnerung“. Auch die genaue Anzahl der Briefe konnte Schäuble nicht angeben: „Ich kann mich nicht daran erinnern.“ Schäuble legte dem Ausschuß lediglich eine Weihnachtsgrußkarte vor, die er im Dezember 1991, also nach seiner ersten Vernehmung, von Schalck erhielt. So bleibt weiterhin im dunkeln, wieso der SED-Goldfinger in dem damaligen Bundesinnenminister seine „wichtigste Vertrauensperson“ im Westen sah, wie Schalck selbst am Mittwoch erklärt hatte, und wieso er dem damaligen Innenminister versicherte, es existierten keine Kopien der strittigen Briefe. Der CDU-Politiker Horst Eylmann, der seit kurzem Vorsitzender des Rechtsausschusses ist, hat am Freitag den Vorsitz des Schalck- Ausschusses niedergelegt. Zu seinem Nachfolger wurde Friedrich Vogel, ebenfalls CDU, gewählt, der dem Gremium bislang nicht angehörte. Nach der Sommerpause will der Ausschuß einen ersten Zwischenbericht vorlegen und sich dem Themenkomplex Häftlingsfreikauf widmen. Dabei soll auch die Rolle des prominenten Ostberliner Advokaten Wolfgang Vogel unter die Lupe genommen werden. thosch
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