: Katholische Bischöfe geifern weiter gegen reformierten Paragraph 218
Berlin (taz) — Der Stuttgarter Verein „Väteraufbruch“ gratulierte den Damen Süssmuth, Wettig-Danielmeyer und Würfel, die den Gruppenantrag vorangetrieben hatten, per Fax zu ihrem „Erfolg“. Die geschlagenen UnionschristInnen wollen die vom Bundestag beschlossene Fristenregelung mit Beratungspflicht dagegen nicht hinnehmen. Noch heute will die CDU/CSU-Fraktion darüber entscheiden, wann und wie sie beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage einreichen wird. Neben dem Fraktionsvorsitzenden Schäuble unterstützt auch Familienministerin Rönsch die Klage, Frauenministerin Merkel dagegen nicht. Hinterbänkler keiften am Wochenende wieder gegen Rita Süssmuth und forderten sie zum Rücktritt auf, so daß Genscher sich genötigt sah, die Angegriffene vor „diesem Kesseltreiben“ in Schutz zu nehmen.
Auch die katholische Kirche spuckte Gift und Galle. Der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner will lieber die Mauer wiederhaben als die Fristenregelung: Der Preis für die Wiedervereinigung sei zu hoch, meinte der Mann, „wenn sie mit dem Leben unzähliger ungeborener Kinder bezahlt werden muß“. Sofort, kündigte Meisner an, wolle sich seine Kirche aus der Beratungsarbeit zurückziehen. Die Präsidentin der Katholischen Frauenvereinigung, Irmgard Jalowy, blieb dagegen bei Verstand. Die Beratung nun aufzugeben sei falsch, sagte sie und bekam in diesem Punkt Unterstützung vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Lehmann. Zwar hält auch Jalowy eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Bundestagsbeschlusses für nötig, doch erklärte sie gelassen, daß die Fristenregelung die Abtreibungszahlen nicht in die Höhe treibe. In der ehemaligen DDR und Bundesrepublik habe es keine wesentlich unterschiedlichen Abtreibungszahlen gegeben.
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Uta Würfel, eine der Initiatorinnen des Gruppenantrags, sieht der Verfassungsklage ruhig entgegen, forderte die CDU/CSU-Abgeordneten aber auf, den Bundestagsbeschluß zu akzeptieren. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Ingrid Matthäus-Maier meinte angesichts der Erregung katholischer Würdenträger, es sei „tröstlich, daß viele Gläubige dies ganz anders sehen als ihre Amtskirche“. Wer Pille und Abtreibung verbieten wolle, handle einfach „weltfern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen