: Massenentlassungen in Treuhand-Betrieben
■ Tausende müssen ab morgen aufs Arbeitsamt/ Kurzarbeiterregelung läuft aus/ Bundesanstalt für Arbeit zahlt keine Krankenkassenzuschüsse mehr
Berlin. Für Tausende von Beschäftigten in Treuhand-Betrieben Ost- Berlins und Brandenburgs beginnt morgen der Gang auf die Arbeitsämter. Allein in Ost-Berlin werden heute 7.454 von bisher rund 61.000 Beschäftigten entlassen. Dies bedeutet ein Arbeitsplatzabbau um 12,2 Prozent im Ostteil der Stadt. In Brandenburg werden 15.341 Personen aus Treuhand-Betrieben verabschiedet, wodurch sich die Quote der bis dahin rund 130.000 Beschäftigten um 13,6 Prozent verringert.
Insgesamt werden mit dem heutigen Tag 150.000 Beschäftigte in Treuhand-Betrieben in ganz Ostdeutschland entlassen. Zusätzlich kommen noch einmal rund 30.000 Entlassene aus Arbeitsbeschäftigungsgesellschaften (ABS) der Treuhand dazu, für die ab morgen nicht mehr die Kurzarbeit-Null-Regelung gilt.
Besonders belastend für die angeschlagenen ostdeutschen Betriebe: Ab morgen fällt der bisherige 50prozentige Krankenkassenzuschuß durch die »Bundesanstalt für Arbeit« für die Kurzarbeiter weg. Damit werden die Personalkosten weiter in die Höhe getrieben. Besonders betroffen sind davon die ABS-Gesellschaften, die von von einem festen subventionierten Budget abhängig sind. In Berlin sind derzeit nach Angaben der Treuhand rund 14.000 Personen in ABS-Gesellschaften.
Wie Peter Gemählich vom Direktorat der Treuhand gestern gegenüber der taz versicherte, seien davon die Berliner ABS-Gesellschaften jedoch nur »unwesentlich« betroffen. Im Gegensatz zu Sachsen seien in den Berliner ABS-Gesellschaften nur sehr wenige Beschäftigte auf Kurzarbeit Null. Auf genaue Zahlen wollte er sich nicht festlegen lassen. Horst Föhr, Chef des Personalvorstandes der Treuhand, erklärte gestern, es sei nun Sache der Länder und des Bundes, über weitere Finanzierungsmöglichkeiten der ABS-Gesellschaften nachzudenken. Die Treuhand sei hierfür der falsche Adressat, allerdings sei man bereit, sich an einer Fianzierung zu beteiligen. Föhr zeigte sich »enttäuscht«, daß »nun einige in den ABS-Gesellschaften überrascht tun«. Es sei seit Beginn des Jahre bekannt gewesen, daß die Treuhand ab 30. Juni keine weitere Kurzarbeit Null finanzieren werde. Föhr räumte ein, daß der Wegfall der Krankenkassenzuschüsse für einige Treuhand-Betriebe »eine erhebliche Belastung der Lohnsteigerung« bedeute.
Ludger Loop von der Innovations- und Technologieberatungsstelle der IG Metall in Berlin erklärte gestern, er befürchte einen weiteren Arbeitsplatzabbau. Aus Gesprächen mit zahlreichen ABS-Prokuristen wisse er, daß durch den Wegfall von Sonderbestimmungen wie jetzt im Falle der Krankenkassenzuschüsse »viele ABS-Gesellschaften bis zum Jahresende dichtmachen werden«. Allein der gestaffelte Abbau der Berlin-Zulage im Westen zeige, daß dadurch massive Abwanderungstendenzen begünstigt werden.
Die Vorsitzende des DGB Berlin- Brandenburg, Christiane Bretz, warf der Bundesregierung vor, der Eskalation tatenlos zuzusehen. Ziel sei es, sie zu sensibilisieren und »notfalls die Probleme zu ihr hinzutragen«, wenn sie sich ihnen nicht stelle. Der wirtschaftliche Umbruch verunsichere die Menschen und gefährde den sozialen Frieden. sev
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