: Akademie kommt, Seibert bleibt
■ Fachbereich Musik wählte neuen Sprecher / Akademie und Stellenfreigabe sollen gleichzeitig kommen
Es gibt ein neues Zauber- und Hoffnungswort, und das heißt Parallelität. Zum Greifen deutlich standen gestern im Kammermusiksaal des Fachbereichs Musik der Hochschule für Künste die langjährigen Konflikte im Raum; erkennbar hatten sich die Kontrahenden frontal einander gegenübergesetzt; ungeschminkt wurden Angriffe, allerlei Gemeinheiten und alte Rechnungen mal höflich, mal drastisch zur Sprache gebracht; Senatsrat Köttgen und zwei Mitarbeiterinnen aus der Behörde waren gekommen, um Rede und Antwort zu stehen; ungewöhnlich zahlreich waren interessierte StudentInnen erschienen.
Der Fachbereichsprecher mußte neu gewählt werden. Einziger Kandidat: der umstrittene alte Sprecher Kurt Seibert, der zur Wiederwahl die Mehrheit der FB-Professoren und der sonstigen FB-Mitglieder brauchte. Entgegen allerlei kolportierten Gerüchten auf anonymen studentischen Flugblättern, die für Seibert und gegen die Behördenstrategie mobiliert hatten, hatte Thomas Albert, Leiter der Akademie für Alte Musik, doch nicht kandidiert.
Vordergründig gab es ein Tauziehen um die Neustrukturierung des Fachbereichs Musik. Auf der einen Seite: der Bayer Prof. Seibert, unverrückbar mißtrauisch gegenüber allen Versprechungen der Behörde. Seiberts Logik: Wenn die Akademie schon in die Hochschule integriert werden soll, dann bitte erst, nachdem die längst versprochenen fünf Stellen zur Besetzung freigegeben sind. Auf der anderen Seite: die Professoren Schalz und Albert, beide mit guten Kontakten in die Behörde versehen, im gleichen Boot Hochschulrektor Waller. Ihre Logik: Nichts geht gegen „den Partner“ Behörde. Durch Mißtrauen und Widerstand sei jetzt allzulange alles blockiert gewesen, Seibert sei nicht „dialogfähig“ genug und zu wenig informations- und diskussionsbereit dem FB gegenüber.
Im Hintergrund werden allerlei Erklärungen gehandelt. Gegen die Akademie kann doch nur sein, wer entweder die künstlerische Konkurrenz fürchtet oder sich um seine Mehrheiten im Fachbereich sorgt, streuen die einen. Wenn die Akademie da und ihre fünf Musiker als Professoren aufgenommen sind, übrigens ohne öffentliche Ausschreibung, dann kann man die restlichen Stellen wie gehabt in den Wind schreiben, fürchten die anderen, „versprechungsmüde“.
„Ich bin keine Freundin von Seibert“, stellte eine Lehrbeauftragte aus dem Publikum klar und fragte den Senatsrat Köttgen, was alle wissen wollten: „Wenn die Akademie mit sechs Stellen kommt, sind dann noch fünf da für die Hochsschule? Haben Sie denn plötzlich 11 Stellen?“ Großer Applaus. Für Köttgen war die Personaldebatte eigens unterbrochen worden. „Mit dieser Angst hätte ich das Gebäude hier nie renovieren können“, erklärte er, „seien Sie nicht hasenfüßig! Man muß mit Phantasie arbeiten!“ Köttgens Logik: Stellen werden freigegeben nur für das Gesamtkonzept, und das geht so: Die Akademie und mit ihr „zusätzliche Ressourcen“ kommen; die Schwerpunkte Alte Musik und Neue Musik werden fürs Profil der Hochschule ausgebaut, die fünf Stellen sind definitiv zugesagt. Über die Reihenfolge Akademie — Stellenfreigabe ließ er nicht mit sich reden: „Dieses Konzept oder kein Konzept. Wenn — Dann.“
Schließlich das Zauberwort angesichts der wechselseitigen Mißtrauens: Hochschule und Behörde leiten beides parallel in die Wege: Stellenfreigabe und Akademie-Übernahme. Der Finanzsenator, so Köttgen zur taz, habe mit alldem nichts zu tun: „Wir haben eigene Haushalts-Eckwerte und müssen das finanziell hinkriegen.“
Ohne Behörde dann die Wahl. Mit denkbar knapper Mehrheit, 6 von 11 Stimmen, wurde Seibert neuer Sprecher.
Susanne Paas
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