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Die Honeckers wissen, wohin...

■ ...aber sie verraten es nicht/ Jedenfalls wollen sie raus, aber nicht heim/ Angeblich gültige Pässe

Hamburg (dpa) — Im Fall des früheren Staats- und Parteichefs Erich Honecker verdichten sich seit dem Wochenende Spekulationen, daß er und seine Frau Margot nun doch in Kürze ihre Zuflucht in der chilenischen Botschaft in Moskau verlassen. Ungeklärt blieb, auf welche Weise dies geschehen soll und welches Land die beiden aufnehmen will. „Wir haben gültige Pässe, aus welchem Land, sage ich nicht“, erklärte Margot Honecker der Berliner 'Sonntagspost‘. Gleichlautend mit Rußlands Vizepräsident Alexander Rutzkoi sagte sie, die chilenische Botschaft nun doch freiwillig verlassen zu wollen, „jedoch nicht in Richtung Deutschland“. Nordkorea erneuerte inzwischen das Angebot, die Honeckers aufzunehmen.

Chiles Präsident Aylwin hatte am Freitag abend erklärt, der Fall Honecker sei „lösbar“ und werde „in Kürze gelöst“ sein. Ein Datum nannte er nicht. Zuvor hatte Chiles Außenminister Enrique Silva die „Hoffnung auf eine baldige Lösung des Problems“ geäußert. Die Verhandlungen des chilenischen Sonderbotschafters James Holger mit der deutschen und russischen Regierung seien „sehr positiv“, aber noch nicht abgeschlossen. Erwartungen einer baldigen Lösung des Falles weckte auch Honeckers Anwalt Friedrich Wolf. Es bestehe eine Situation, „wo sich etwas verändert“, sagte er am Freitag. Ein Termin für das von Chile gewünschte Verlassen der Botschaft sei den Verteidigern aber nicht bekannt.

Die Bundesregierung bemüht sich nach Worten der Berliner Justizsenatorin Jutta Limbach weiter intensiv um die Überstellung Honeckers, der wegen des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer angeklagt ist. Honecker, der sich am 11. Dezember 1991 in die chilenische Botschaft in Moskau flüchtete, verlangt nach Angaben der 'Komsomolskaja Prawda‘ bei einem Verlassen der Botschaft jedoch Sicherheitsgarantien, daß er und seine Frau nicht in die Bundesrepublik überstellt werden.

Rußlands Präsident Boris Jelzin meinte Freitag abend in Moskau zu deutschen Journalisten, im Fall Honecker lasse die russische Regierung Bundeskanzler Helmut Kohl zusammen mit der chilenischen Regierung entscheiden. Jelzin weiter: „Wir wollen ihn an Deutschland übergeben, und dort wird er gerecht behandelt, dem Gesetz entsprechend, so wie sie (die Deutschen) es für richtig halten.“ Jelzin fügte hinzu: „Einen ungesetzlichen Aufenthalt Honeckers auf unserem Territorium lassen wir nicht zu.“

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