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Schattengipfel für globale Fairneß

Parallel zum Wirtschaftsgipfel finden in München zwei alternative Veranstaltungen statt  ■ Von Henrike Thomsen

München (taz) — Wohl keiner in der bayerischen Hauptstadt ist in der Lage, dem G-7-Treffen zu entkommen. Die Gegenveranstaltung TOES („The other economic summit“) muß man dagegen mit der Lupe suchen. Neben den Schaufenstern eines Sexshops weist ein handgemaltes Schild in einen Hinterhof; in eine Betonwüste ohne Baum und Strauch. Hier finden in einem Kino TOES, seit 1984 der traditionelle Alternativgipfel zum G-7, und der Enviro Summit statt.

Jacob von Uexküll, Stifter des Alternativen Nobelpreises und Initiator von TOES, wies jedoch auf einer Pressekonferenz am Montag darauf hin, daß der Weltwirtschaftsgipfel der eigentliche Gegengipfel sei. „Die VertreterInnen des G-7 sind gegen alles“, sagte er. „Sie sind gegen alles“, sagte er. „Sie sind gegen eine globale Umweltpolitik, die nicht nur aus Worten besteht; sie sind gegen Schuldenerlaß für die Länder der dritten Welt.“ Die ReferentInnen von TOES wollen daher die Möglichkeiten einer alternativen Wirtschaft diskutieren, bei der nicht der Markt, sondern Mensch und Natur im Mittelpunkt stehen.

Geladen sind unter anderem der ehemalige brasilianische Umweltminister José Lutzenberger, Ted van Hees vom European Network on Dept and Development und viele andere ExpertInnen aus der dritten Welt und Osteuropa. Einen wichtigen Platz soll die Diskussion um die GATT-Runde einnehmen, die nach den Worten von Uexküll den Umweltschutz außen vor läßt. Es müsse dringend eine „grüne GATT- Runde“ geschaffen werden, lautet eine Forderung von TOES an die G-7. Des weiteren müßten die VertreterInnen der sieben reichsten Nationen konkrete Beschlüsse zur Schuldenerleichterung für die dritte Welt fassen. In der Osteuropa-Hilfe drohten sie jetzt die gleichen Fehler zu machen, die zum Verschuldungselend des Südens geführt hätten.

Der Enviro Summit wird von dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Internationalen Netzwerk „Friends of the Earth“ getragen. BUND-Vorsitzender Hubert Weinzierl betonte, nach den Proklamationen von Rio müßten nun konkrete Beschlüsse für eine nachhaltige Wirtschafts- und Entwicklungsweise sorgen. Der wirtschaftliche Aufbau in Osteuropa müsse umweltverträglich gestaltet werden. Eines der Hauptanliegen des Enviro Summit, der am Montag vormittag eröffnet wurde, ist, auf die Stillegung der veralteten Atomreaktoren im Osten hinzuarbeiten. Es sei „ökologischer und ökonomischer Wahnsinn“, diese Reaktoren nachzurüsten, so Weinzierl.

Statt dessen sollten in den nächsten fünf Jahren 15 Milliarden in die Entwicklung und den Einsatz alternativer Energie gesteckt werden. Vom Internationalen Kongreß gegen den Weltwirtschaftsgipfel, der am Wochenende auf Initiative von rund 80 deutschen Gruppen in München stattfand, grenzen sich die Verantstalter von TOES ab. TOES sei keine Massenveranstaltung, so Uexküll. In der Tat nicht: in das gemietete Kino passen allenfalls 800 Menschen hinein.

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