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MIT DER KÄLTETECHNIK AUF DU UND DUDer grüne Kühlschrank lebt

■ Bosch-Siemens wollten FCKW-freien Kühlschrank nicht

Berlin (taz) — Wenn eine Ostfirma einmal der Zeit voraus ist, wird es schwierig. Jüngstes Beispiel: die „dkk Scharfenstein“. Der Kühlschrankhersteller aus Chemnitz kann als erste deutsche Firma einen FCKW-freien Kühlschrank vorweisen, der auch im Energieverbrauch mit den besten Geräten mithalten kann. Dennoch findet die sächsische Firma bei der westdeutschen Kühlgeräteindustrie keinen potenten Investor — vielleicht aber auch gerade deswegen. Die Treuhand hat die Ostfirma jetzt jedenfalls liquidiert.

So recht scheinen die Treuhand- Manager ihrer eigenen Entscheidung jedoch nicht zu trauen. Der Treuhand-Direktor für Abwicklung, Träkner, sagte jedenfalls gestern auf einem Ortstermin bei Chemnitz, daß die Kühlschrankproduktion von dkk Scharfenberg mit 600 Arbeitskräften weitergehen könne. Das alte Kombinat soll in eine Kühlschranksparte und die restliche Produktion gesplittet werden. Die Kühlschranksparte werde bei Erfolg bis Ende 1993 unterstützt. 230.000 Kühlschränke und Gefriertruhen wurden im vergangenen Jahr verkauft. Der Marktanteil der Firma lag einst bei 25 Prozent des Kühlschrankmarktes in Osteuropa.

Auch Treuhand-Sprecher Schöde mochte den Begriff Liquidation nicht in den Mund nehmen. dkk Scharfenstein befinde sich in einer „extremen Schieflage“, so Schöde zur taz. Das Unternehmen mit derzeit knapp 1.900 Arbeitsplätzen müsse daher abgewickelt werden. Die Firma prognostiziere bei einem Umsatz von 111 Millionen Mark für 1992 einen Verlust von 40 Millionen. Die Treuhand werde sich jedoch weiter bemühen, einzelne konkurrenzfähige Teile der Firma an Westkonzerne zu veräußern. In der Pressemitteilung heißt es verschämt: „Alle Möglichkeiten für Teilprivatisierungen zur Sicherung vorhandener oder Schaffung anderer Arbeitsplätze sollen ausgelotet werden.“

Nicht gut zu sprechen ist die Treuhand auf die Bosch-Siemens- Haushaltsgeräte GmbH. Man habe sich sehr bemüht, die Münchener Tochter der beiden Großkonzerne für dkk Scharfenstein zu interessieren, so Schöde. Bosch-Siemens war eine Verlustübernahme in Höhe von 200 Millionen Mark zugesagt worden. Doch auch ein Brief von Bundeskanzler Helmut Kohl an die Konzernchefs von Siemens und Bosch, Kaske und Bierig, hatte nicht gefruchtet.

Greenpeace vermutet, daß die westdeutsche Kälteindustrie hinter dem Liquidierungsbeschluß der Treuhand stecke. „Die bislang einzige Chance, die Kältetechnik klimafreundlich zu revolutionieren, soll abgewürgt werden“, so Greenpeace-FCKW-Experte Wolfgang Lobeck gestern. Bosch-Siemens selbst begründet das eigene Desinteresse an den grünen Kühlschränken aus Sachsen mit der schlechten Konjunkturlage. Die Firma hat aber nach Angaben ihres Sprechers gerade begonnen, die Kapazitäten für normale Kühlschränke im baden-württembergischen Gingen zu erweitern.

Der geplante 127-Liter- Kühlschrank aus Sachsen verzichtet nicht nur auf die ozonkillenden FCKWs, sondern auch auf Ersatzstoffe, die den Treibhauseffekt verstärken. Er soll 500 Mark ab Werk kosten. Greenpeace wollte gestern aber nicht nur kritisieren: Die Umweltorganisation startete eine großangelegte Bestellaktion für das Gerät: Vorsetzen 53, 2000 Hamburg11. Hermann-Josef Tenhagen

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