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Kohl zieht gegen von Weizsäcker ins Feld

Bonn (AP) — Bundeskanzler Kohl hat die Parteien demonstrativ gegen die Kritik von Bundespräsident von Weizsäcker in Schutz genommen und sich zugleich gegen eine Anpassung an populistische Strömungen gewandt. Kohl warnte in einem Beitrag für die Zeitung Welt am Sonntag vor pauschaler Herabsetzung der Parteien, sprach von Weizsäcker aber nicht direkt an. Der Bundespräsident hatte den Parteien Mitte Juni Machtbesessenheit vorgehalten. Die Parteien hätten sich zu einem ungeschriebenen sechsten Verfassungsorgan entwickelt, das auf die anderen fünf einen beherrschenden Einfluß ausübe. Der politischen Führung hatte der Präsident Konzeptionslosigkeit bescheinigt, was als indirekte Kritik an Kohl galt.

Kohl betonte jetzt, das Grundgesetz habe den Parteien ganz bewußt eine bedeutende Rolle bei der politischen Willensbildung des Volkes zugewiesen. Nach den Erfahrungen der Weimarer Republik hätten die Mitglieder des Parlamentarischen Rates gewußt, daß starke Parteien eine wichtige Voraussetzung für demokratische Stabilität seien. Vor allem die großen Volksparteien hätten nach 1945 eine Zerfaserung des politischen Spektrums von Anfang an verhindert. Kohl zitierte den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, der die Parteien als „Erziehungsschule der politischen Verantwortung“ bezeichnet habe. Der CDU- Vorsitzende räumte aber ein, daß es in allen Parteien auch Mißstände wie „Filz“, „Verbonzung“ und manche Verkrustung gebe. Viele würden gerade deswegen politisch aktiv, um solchen Entwicklungen entgegenzutreten. In diesem Sinne sei Parteienkritik oft innerhalb der Parteien am schärfsten.

Mit Nachdruck grenzte sich Kohl gegen populistische Äußerungen ab. „Wer populistisch redet, neigt zu opportunistischem Handeln.“ Mit populistischer Politik wäre nach seinen Worten die Wiedervereinigung nicht zu erreichen gewesen.

Kommentar Seite 10

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