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Teakholz, realsozialistisch

■ Hans Heinrichs DEFA-Komödie »Meine Frau macht Musik« von 1958 ist in der Brotfabrik zu sehen

Seine Frau macht Musik. Und das findet er gar nicht so gut, der Warenhausabteilungsleiter in seiner markigen Biederkeit. Denn es ist keine Hausmusik, am Klavier zum entspannten Feierabend, so nach Kinderhüten, heimischem Herd und Hausputz. Sie ist als Sängerin entdeckt worden, vom Star-Tenor des örtlichen Revuetheaters »Tivoli«.

Dabei hat er es ihr sogar verboten, man weiß ja, wo das hinführt: Die Mutter nicht mehr daheim, die Familie zerfällt, verwahrloste Kinder enden in der Gosse. Und dann auch noch im »Tivoli«, inmitten dieser windigen »Hängt die Wäsche weg, sie kommen«-Musikanten, natürlich italienischer Abkunft. Aber des Abteilungsleiters tapferer Kampf gegen alle moralischen Windmühlen hilft nichts, am Ende ist sie ein gefeierter Star und er stolz wie »Oskar«. Und daß er sich zwischendurch mit einem anderen Starlet des Theaters, in aller Biederkeit, durch die Verführung zu einer hocherotischen Schüssel Klößen mit Specksoße zu trösten wußte, hat er denn auch ganz schnell vergessen. »Meine Frau macht Musik«, stellt er im Finale hochzufrieden fest.

»Meine Frau macht Musik« ist der erste Tanz- und Revuefilm der DDR, 1958 von Hans Heinrich für damalige Verhältnisse recht aufwendig gedreht. Und weil wir ja heute so moralisch offen, aufgeklärt und kulturell voll auf der Höhe sind, scheinen solche Sing- und Tanz-Komödchen vielen ironisch, zum Kopfschütteln vergnüglich zu sein. Aber wo sonst die brave Naivität durch den Abstand von Jahrzehnten zum Kichern reizt, schillert die Ironie hier schon im Original. Da stürzt die Frage des Tramschaffners nach dem Fahrschein unseren Papi in Abgründe der Peinlichkeit, denn das Ticket steckt nicht in der Tasche, in die er es immer, aber sonst wirklich immer, verstaut, er muß es erst suchen. Und der Inspizient kommentiert das erfolgreiche, übersüße Lied von den roten Rosen, die mal wieder irgendwo blühen, mit der Frage, wieso das Publikum diesen abgenudelten Edelkitsch immer noch so begeistert aufnimmt.

Sozialistische Bürokratie und Humor war wohl immer eine problematische Verbindung. Obwohl das Drehbuch genehmigt worden war, landete der Film erstmal im Giftschrank. An der Darstellung von Kleinbürgertum war man nicht interessiert, sowas gab es im Sozialismus ja gar nicht. Und außerdem diese vielen »Amerikanismen«! Tatsächlich erinnert das Finale im stilisierten Kaufhaus an Powells »Die roten Schuhe« und an Showeinlagen der Marx-Brothers: mit dem Tanz der Neger, Abteilung »Südfrüchte«.

Erst ein halbes Jahr später, nach etlichen Schnitten, kam der Film in die Kinos und wurde im ganzen Ostblock zu einem großen Erfolg. Heute ist er für hartgesottene Fans von Teakholz und Gummibaum sicherlich ein quietschbuntes Sommervergnügen. Armin Raab

Vom 23.-29.7., jeweils 20 Uhr im Kino in der Brotfabrik, Prenzlauer Promenade 3. Am 25.7. wird der Regisseur Hans Heinrich anwesend sein.

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