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Anwälte auf Prüfstand

■ Aufforderung der Justizverwaltung zur »Selbstauskunft« der Ost-Anwälte stößt bei Anwaltskammer auf Unwillen

Berlin. Alle 800 Rechtsanwälte und Notare Ost-Berlins bekommen dieser Tage einen Brief von der Senatsverwaltung für Justiz, in dem sie aufgefordert werden, »Selbstauskunft« über ihre etwaige Mitarbeit bei der Stasi zu geben. Damit wird das offizielle Überprüfungsverfahren eingeleitet. Wie die Sprecherin der Verwaltung, Uta Fölster, gestern mitteilte, besteht zwar keine Verpflichtung zur Auskunft, doch sei es sinnvoll und zumutbar, die Anwälte um Unterstützung und Klarstellung zu bitten.

Die freiwillige Selbstauskunft werde bei der dann zu treffenden Entscheidung, ob ein Überprüfungsverfahren einzuleiten ist, berücksichtigt. Kriterien für eine Überprüfung sind, nach Fölsters Worten, eine Verstrickung in den Staats- und Parteiapparat der ehemaligen DDR. Dabei wird geschaut, ob »konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die Betroffenen sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben können, daß sie unwürdig und persönlich ungeeignet erscheinen läßt, den Beruf eines Rechtsanwaltes auszuüben«. Ist dies der Fall, kann die Zulassung, die vor der Vereinigung pauschal erteilt wurde, widerrufen werden.

Das Anschreiben der Justizverwaltung sorgt unter den Ostberliner Anwälten für Unruhe. Der Vorsitzende der Anwaltskammer, Bernhard Dombek, sieht darin eine diskriminierende Maßnahme, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Eine Nichtbeantwortung dürfe von daher zu keinem Nachteil für die Betroffenen führen. Zudem verweist Dombek darauf, daß die Personalakten aller Anwälte eingesehen wurden, als sie pauschal übernommen wurden. Bei 100 von ihnen habe man den Eindruck einer Belastung gehabt, und nur diese Fälle sollten jetzt überprüft werden. Nach Angaben der Justizverwaltung, hat die Kammer jedoch erheblich weniger Überprüfungsgesuche bei ihr eingereicht.

Dombek spricht sich gegen eine generelle Anfrage bei der Gauckbehörde aus, wie sie in den neuen Bundesländern, außer Brandenburg, praktiziert wird. Denn dadurch würden die Anwälte im Osten diskriminiert.

Bislang hat, als einziger Ostberliner Anwalt, der frühere Mielke-Verteidiger Jürgen Wetzenstein-Ollenschläger seine Zulassung verloren. Er hat sich ins Ausland abgesetzt, nachdem gegen ihn wegen des Verdachtes der Unterschlagung in Millionenhöhe ermittelt wurde. Der DDR-Anwalt Wolfgang Vogel, gegen den wegen des Verdachts der Erpressung ermittelt wird, hatte seine Zulassung bereits zurückgegeben. dr

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