: Unterm Strich
Pünktlich zum Kolumbusjahr gibt es Neues über die präkolumbianischen Kulturen mitzuteilen, genauer: über die Chichimeken. Vor den Azteken und den Tolteken besiedelten sie die Gegend nordöstlich von Mexiko-Stadt. Bisher galten sie nicht als „Kulturvolk“, weil sich den Forschern, ähnlich wie bei den Kelten, ihre Kulturzeugnisse nicht unmittelbar erschlossen. Jetzt hat man Bruchstücke einer Bilderschrift- Chronik, die noch bis zum 6.September im Londoner British Museum gezeigt werden, entschlüsselt. Die Auswertung der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Fragmente hat ergeben, daß die Ursprünge der Chichimeken bis ins 7. oder 8.Jahrhundert zurückreichen und nicht wie bisher angenommen erst im 11.Jahrhundert zu suchen sind. Die auf Papier aus Baumrinde gemalten Hieroglyphen beschreiben die Gründung der Siedlung Itzquintepec, 240 Kilometer nordöstlich von Mexiko-Stadt, durch die beiden Chichimeken-Führer Tzinauisotl und Tsitsiquil. Nach den Chichimeken nahmen die Tolteken eine führende Position ein, später unterwarfen die Azteken alle umliegenden Kulturen (u.a. die Zapoteken), bis die spanischen Eroberer ab 1519 alle präkolumbianischen Kulturen unterdrückten.
Dem Expansionsdrang der Europäer nicht nur nach Westen, sondern auch nach Süden verdankt die Ausstellung „Kings of Africa“ letztendlich ihre Entstehung. Die rund 200 Kunstwerke zentralafrikanischer Königshöfe, die in der niederländischen Stadt Maastricht noch bis 27.August zu sehen sind, gelangten aus den Depots des Berliner Völkerkundemuseums zum größten Teil erstmalig an das Licht der Öffentlichkeit. Sie stammen aus den Königspalästen von Kamerun und dem Kongo, aus Zaire und Angola und waren um die Jahrhundertwende von deutschen Forschungsreisenden nach Berlin gebracht worden. Trotzdem in diesen Breiten Attacken von Moskitoschwärmen eher unwahrscheinlich sind, werden viele der hölzernen Masken und -figuren, der Geräte aus Alltag und Palastzeremonie, nicht hinter Glas, sondern hinter Fliegengittern präsentiert, ein ästhetisches Konzept, wie dpa berichtete: „Feinstes Schnitzwerk oder Metallornament verschwimmt dadurch gleichsam wie bei einem ,Weichzeichner‘, die mystische Aura der mit Kult und Königtum verbundenen Gegenstände wird körperlich spürbar“.
Passend zum heutigen Premierenbericht einige Neuigkeiten aus der Theaterstadt München: Als deutschsprachige Erstaufführung kommt an den Kammerspielen in der neuen Spielzeit „Nirvana“ von Arthur Kopits heraus. Intendant Dieter Dorn wird selbst inszenieren. Eröffnet wird die Saison dort am 30.September mit der Premiere von Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ in der Regie von Christian Stückl, und für Silvester bereitet Harald Clemen Coline Serreaus „Hase Hase“ vor. Im Werkraum wird im Dezember Marlene Streeruwitz' „New York, New York“ (Regie Jens Daniel Herzog) uraufgeführt. Der Belgier Jan Fabre plant, im Mai 1993 unter dem Titel „Lucky Strike. Sonst Nichts“ dort ein eigenes Stück zu inszenieren. Ob in der Vorstellung geraucht werden darf, ist nicht bekannt.
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