: FORMEL-1-GRAND-PRIX AUF DEM HOCKENHEIMRING
„Ein starkes Feeling“
Hockenheim (taz) — Michael Schumacher setzte neue Maßstäbe im deutschen Motorsport. Bei seinem ersten Formel-1-Rennen vor heimischem Publikum in Hockenheim strömten bereits am Samstag über 60.000 Zuschauer zum Abschlußtraining — so viele wie nie zuvor. Im Motodrom, wo zuletzt stets die britischen und brasilianischen Flaggen dominierten, schwenkten dieses Jahr begeisterte Fans hauptsächlich schwarzrotgoldene Fahnen oder zeigten mit T-Shirts, bedruckt mit dem Konterfei Schumachers, wem ihre Sympathie gehört.
Rund um den Hockenheimring waren die Campingplätze schon am Dienstag mit Zelten und Wohnwagen voll belegt. Mit Grillparties und ausgelassener Stimmung wurde das neue Idol der deutschen Rennsportfans, Michael Schumacher, stürmisch gefeiert.
Bei der Pressekonferenz am Freitag äußerte der Deutsche: „Es ist für mich ein starkes Feeling, hier in Deutschland zu fahren, und ich hoffe, am Sonntag eine gute Leistung zu erzielen.“
Schumacher war zwar von der Kulisse beeindruckt, aber nicht nervöser als bei seinen vorangegangenen Formel-1-Rennen. Schon im ersten Training überzeugte der 23jährige Kerpener mit einem fünften Platz, direkt hinter Gerhard Berger auf McLaren. Beim Abschlußtraining am Samstag fiel Schumacher zwar aufgrund eines frühen Drehers auf den sechsten Platz hinter Jean Alesi, Ferrari, zurück, hatte aber dennoch eine gute Ausgangsposition für das Rennen.
Währenddessen ließen es sich die VIPs im neuen Paddock-Club auf dem Dach der vergrößerten, modernisierten Boxenanlage bei Champagner und Hummer gutgehen. Die klimatisierten Zelte gestatteten dieses Jahr erstmals einen freien Ausblick auf die Boxengasse und das Fahrerlager.
Am frühen Sonntag morgen wälzte sich eine Lawine von über 120.000 Zuschauern, bepackt mit Kühltaschen, Sonnenschirmen und Sitzkissen, auf den Hockenheimring zu, wo attraktive junge Mädchen freigiebig Produkte verschiedener Sponsorenfirmen verteilten. Raucher konnte sich für die nächsten Wochen mit ihrer Lieblingsmarke eindecken.
Die Suche nach Karten war allerdings vergeblich, da alle Pätze inklusive Zusatztribünen schon am Samstag restlos ausverkauft waren. So blieb vielen Fans nur der mitgebrachte Fernseher oder „Radio Hockenheimring“, um sich über das aktuelle Renngeschehen zu informieren.
Die Glücklichen, die eine Karte für die Strecke ergattert hatten, erlebten bei brütender Hitze ein spannendes Rennen.
Michael Schumacher erwischte einen sehr guten Start und schob sich nach der Startausgangskurve vor Alesi auf den fünften Platz.
Mit Geschwindigkeiten bis zu 330 Stundenkilometern rasten die Boliden durch den Wald, bis sie das Stadion erreichten, wo die Fahrer von einer jubelnden Menge erwartet wurden.
„Bei der Einfahrt ins Motodrom spüren die Piloten die Atmosphäre einer randvoll besetzten Arena hautnah“, schwärmt Gerhard Berger.
Bei einem packenden Duell zwischen Patrese und Schumacher konnte sich der Italiener mit dem technisch überlegenen Auto zunächst durchsetzen. Im nachfolgenden Zweikampf mit dem Weltmeister Senna unterlief ihm aber ein Fahrfehler, der ihn in der letzten Runde mit abgestorbenem Motor aus dem Rennen warf. Dies brachte dem jungen Deutschen einen hervorragenden dritten Platz ein. Sieger wurde Nigel Mansell, der in diesem Jahr schon seinen achten Grand Prix gewann und damit den Rekord des amtierenden Weltmeisters Ayrton Senna vom Vorjahr einstellte.
Der Titel scheint dem Engländer, bei der derzeitigen Überlegenheit von Williams-Renault, nicht mehr zu nehmen zu sein. Ayrton Senna schaffte als zweiter endlich wieder den Sprung aufs Treppchen; sein Teamkollege, der Österreicher Gerhard Berger, fiel schon früh wegen eines technischen Defektes aus.
Im Ziel angekommen, sprach Schumacher von einem persönlichen Sieg, denn der Deutsche verlor in den letzten Runden Öl und hatte im Gegensatz zu vielen seiner Konkurrenten keine Reifen gewechselt. Deshalb war er überglücklich, überhaupt ins Ziel gekommen zu sein. Der junge Nachwuchspilot hat dieses Wochenende beweisen, daß er auch unter Druck eine große Leistung vollbringen kann.
Ein weiterer Höhepunkt am Wochenende war der zweite Platz von Michael Bartels beim Formel-3000- Rennen. Der Deutsche macht sich nun berechtigte Hoffnungen auf einen Platz in einem konkurrenzfähigen Formel-1-Auto 1993. Gisela Nürnberger
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