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Berliner bekommen einen Wald

■ Auf Rieselfeldern in Buch werden über 10.000 Bäume gepflanzt/ Wald soll verhindern, daß Gifte wie Schwermetalle und organische Verbindungen ins Grundwasser gelangen

Pankow/Schönerlinde. Die Berliner bekommen einen neuen Wald. Auf einer 1.340 Hektar großen Fläche im Nordosten der Stadt werden die »Berliner Forsten« über 10.000 Kiefern, Eichen, Buchen und Linden pflanzen. Der dabei entstehende Wald soll zum einen zur Erholung dienen und zum anderen dafür sorgen, daß die Gifte, die im Boden der ehemaligen Rieselfelder Buch »schlummern«, nicht ins Grundwasser gelangen.

25 Waldarbeiter, 50 ABM-Kräfte und mehrere Fachleute untersuchen seit eineinhalb Jahren die stadteigene Fläche, auf der über 100 Jahre lang Schmutzwasser versickerte — seit den 60er Jahren so viel, daß die Felder ständig mit Abwasser bedeckt waren und die Landwirtschaft eingestellt wurde. Als 1984 das Klärwerk Schönerlinde in Betrieb ging, wurde die Berieselung eingestellt.

Bei einer Besichtigungstour berichtete gestern Bernd Marschner, der den Boden auf Gifte untersucht, daß er Schwermetalle gefunden hat — mit organischen Schadstoffen wie polychlorierten Biphenylen (PCB), polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Phenolen und Dioxinen sei ebenfalls zu rechnen.

Für die Pflanzung des Erholungswaldes muß der Grundwasserspiegel erhöht werden, der seit der Einstellung der Berieselung ständig sinkt. Aus dem fünf Kilometer entfernten Klärwerk Schönerlinde soll deshalb durch das noch vorhandene unterirdische Rohrsystem Wasser geleitet und auf die vertrockneten Rieselfelder geschwemmt werden. Derzeit werde untersucht, ob dadurch die Schadstoffe aus dem Boden herausgespült würden und ins Grundwasser gelangen könnten. Durch die Bewässerung werde die Tier- und Bakterienwelt im Boden aktiv und könnte dazu beitragen, die Schadstoffe abzubauen, erläuterte Marschner.

Während die Mikroorganismen einen Teil der organischen Schadstoffe, die überwiegend aus Altölen stammen, »auffressen«, seien dagegen die Schwermetalle hartnäckig. Sie werden jahrzehntelang vorhanden sein, deshalb werde der Erholungswald immer pflegebedürftig bleiben, sagte der Bodenanalytiker.

Die Bewaldung ist Teil des »Ökologischen Sanierungsprogramms Berlin« (ÖSP), mit dem im Umweltschutzbereich für 5.000 ABM- Kräfte Arbeitsplätze geschaffen werden konnten. Das Rieselfelder- Projekt wurde aus dem Bonner Topf »Aufschwung Ost« 1990 und 1991 mit insgesamt vier Millionen Mark unterstützt. Dies Jahr erhält Berlin 7,2 Millionen Mark. Karola Lakenberg, im Landesforstamt für ökologischen Landbau zuständig, geht davon aus, daß die Aufforstung zehn bis fünfzehn Jahre dauern wird. Berlin will deshalb beim Bundesumweltminister erreichen, daß die Bonner Förderung verlängert werde, sagte gestern Umweltstaatssekretär Lutz Wicke (CDU). Dirk Wildt

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