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Konflikt um die kurdischen Farben

■ Rot-Gelb-Grün-Fahne verschwand von Spandauer Zitadelle/ Weisung der Senatskanzlei

Berlin. Zwei Monate lange wehten drei Fahnen in den kurdischen Traditionsfarben Rot-Gelb-Grün über der Spandauer Zitadelle und wiesen dort auf eine Ausstellung über die Geschichte dieses Volkes hin — jetzt sind die Fahnenmasten über der Zitadelle leer. Es sei traurig, daß Deutschland den »blinden Nationalismus« der Türken übernehme, sagte dazu Moustafa Rechid von der Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) gestern. Die drei Fahnen hätten auf Weisung der Berliner Senatskanzlei entfernt werden müssen, dahinter stecke »dem Vernehmen nach« das türkische Generalkonsulat am Kurfürstendamm.

Die Schau »Alltagskultur der Kurden« läuft seit dem 24. Mai im »Palas« der Spandauer Zitadelle, gleich neben dem Juliusturm, und wird noch bis zum 30. August zu sehen sein. Zuvor war sie in Bremen gezeigt worden.

Ausgestellt sind Karten, Fotos sowie zahlreiche Kunst- und Gebrauchsgegenstände wie Tücher, Schmuck, Musikinstrumente, alte Waffen und Harnische. Das seit Jahrhunderten zwischen den wechselnden Mächten im Nahen Osten — Perser, Griechen, Araber, Türken und europäische Kolonialstaaten — um seine Eigenständigkeit ringende Volk kann seine Geschichte bis zu den Medern in der Antike zurückführen. Seit Ende des Ersten Weltkrieges ist das 30-Millionen-Volk auf die Türkei, Syrien, Irak und Iran aufgeteilt.

Der türkische Staat erkennt die Kurden nicht als eigenständige Nation an — nach offizieller Sprachregelung gibt es in der Türkei keine Kurden. Für den türkischen Staat gibt es nur »Bergtürken«. Der Gebrauch der kurdischen Sprache ist in der Türkei verboten.

Darin sieht Moustafa Rechid den Grund für das Verschwinden der Fahnen. Dabei habe man, um Ärger zu vermeiden, nicht etwa die offizielle Nationalflagge der kurzlebigen kurdischen Republik »Mahabad« von 1946 gezeigt: rot-weiß-grün mit einer gelben Sonne auf weißem Grund. Vielmehr seien Rot-Gelb- Grün die Farben des traditionellen Newroz-(Neujahrs-)Festes, das auch in Berlin jedes Jahr am 21. März von der kurdischen Gemeinde gefeiert werde.

Rechid forderte deshalb den Senat auf, die Fahnen als Symbol kurdischer Identität wieder zu hissen und sich »nicht zum Handlanger eines türkischen Nationalismus zu machen«. ADN

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