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Haftprüfungstermin für Honecker steht bevor

Berlin (dpa) — Nach sechs Tagen Untersuchungshaft hat der ehemalige DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker über seine Anwälte Antrag auf Aufhebung seiner Haftbefehle gestellt. Die zuständige Strafkammer beim Berliner Landgericht hat bereits einen Haftprüfungstermin in dieser Woche anberaumt. Honecker, dem es nach ihren Angaben „den Umständen entsprechend gut geht“, werden in den Haftbefehlen Untreue und die Todesschüsse an der Berliner Mauer zur Last gelegt.

Sein Verteidiger Friedrich Wolff rechnet allerdings nicht damit, daß noch zu diesem Termin eine endgültige Entscheidung über Freilassung oder weitere Inhaftierung falle. Die Verteidiger werden, so Wolff, durchaus mit einer „Verzögerung der Entscheidung“ einverstanden sein. Grund sei, daß Honecker in der Zwischenzeit umfassend ärztlich auf seine Vernehmungs-, Haft- und Verhandlungsfähigkeit untersucht werden soll. Honeckers weiterer Anwalt Nicolas Becker sagte in einem Zeitungsinterview, die Verteidiger wollten für ihren Mandanten eine Art „gehobenen Hausarrest“ erreichen. Dann könnte das Gericht bereit sein, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen und Honecker erst einmal freizulassen.

Inzwischen hat die katholische Kirche des Bistums Berlin erklärt, daß Honecker bei ihr Unterkunft finden könnte. Auch der Pressesprecher der SED-Nachfolgepartei PDS, Erwin Müller, äußerte sich optimistisch, daß einige Parteimitglieder ihre Hilfsbereitschaft offerieren könnten. Dagegen lehnte es der evangelische Oberkirchenrat Martin Ziegler ab, Honecker erneut in den karitativen Einrichtungen in Lobetal aufzunehmen. Hier war Honecker vom 30. Januar bis zum 3. April 1990 mit Ehefrau Margot zu Gast.

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