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»Eine sehr moralische, stille Frau«

■ Ehemalige AL-Vorständlerin wegen Anstiftung zum Mord an ihrem Bruder verhaftet/ Angeblich Streit um Millionenerbe/ AL-Parteifreunde betroffen über die vermutliche Tat der Parteilinken Ilona H.

Moabit. Bestürzt reagierte die Fraktion der Grünen/AL gestern auf die Nachricht, daß die 37jährige Politologin Ilona H. wegen des Vorwurfs der Anstiftung zum Mord an ihrem Bruder verhaftet worden ist. Motiv soll ein Streit um ein Millionenerbe der Mutter gewesen sein. Ilona H. ist langjähriges AL-Mitglied und gehörte zwischen Sommer 1989 und 1990 sogar dem Parteivorstand an.

Nach Angaben der Polizei war die 37jährige Politologin am vergangenen Samstag, den 1. August bei der Übergabe von 50.000 Dollar an einen Mann, den sie als Killer gedungen haben soll, in Berlin festgenommen worden. Das Ermittlungsergebnis faßte die Polizeipressestelle so zusammen: Der in Essen wohnende 41jährige Bruder Nicolas H. habe am 29. Juli in Berlin Anzeige gegen seine hier lebende Schwester erstattet. Er habe erklärt, daß er durch eine in Nordrhein-Westfalen wohnende Bekannte erfahren habe, daß seine Schwester plane, ihn durch einen bezahlten Killer töten zu lassen. Die Bekannte, die Zeitungsberichten zufolge früher Kontakte zum Prostituierten-Milieu gehabt haben soll, habe von Ilona H. für die Vermittlung eines Auftragsmörders bereits eine höhere Geldsumme erhalten.

Da sich Nicolas H. selbst von der Ernsthaftigkeit des Vorhabens überzeugen wollte, heißt es in dem Polizeibericht weiter, habe dieser seinen Freund Andreas A. aus Remscheid gebeten, seiner Schwester gegenüber als Auftragsmörder aufzutreten. Dieser habe Ilona H. zweimal aufgesucht und von ihr schließlich sogar 5.000 Mark als Anzahlung erhalten. Bei der vereinbarten Geldübergabe von 50.000 Dollar am 1. August sei Ilona H. festgenommen worden. Die »im wesentlichen geständige« Tatverdächtige habe als Motiv finanzielle Motive wegen eines Streits um ein Millionenerbe und einen »abgrundtiefen Haß« auf ihren Bruder angegeben. Nicht bestätigten Zeitungsberichten zufolge sollen die beiden durch das Erbe ihres Vaters bereits jeweils zu einem Millionenvermögen gekommen sein. Die Geschwister sollen sich um weitere 750.000 Mark gestritten haben, die Nicolas H. von der 1991 verstorbenen Mutter geerbt habe. Die Witwe eines Fabrikanten soll den beiden Kindern außerdem Bargeld in Millionenhöhe sowie mehrere Grundstücke hinterlassen haben.

Mitglieder der AL beschrieben die 37jährige Politologin gestern als »sehr moralische, stille Frau«, die dem linken Flügel der Partei angehöre. Sie sei Kreuzberger Delegierte in der Landesdelegiertenkonferenz, habe die AL-Zeitung Stachel mitproduziert und sich besonders in den Bereichen Internationalismus und Antifaschismus engagiert. »Sie hat ein großes Herz für alle Entrechteten und war in der Immigranten- und Flüchtlingsarbeit sehr aktiv.« Daß Ilona H. Millionenerbin ist, war der AL bislang nicht bekannt. Sie habe äußerlich eher wie eine arme Frau gewirkt, »die das gelebt zu haben schien, was sie politisch forderte«.

Andere ALer bestätigten, daß Ilona H. während ihrer Studienzeit mehrere Wochen im Iran inhaftiert war und sich später auch als Wahlbeobachterin in Nepal engagierte. »Ich hätte ihr zugetraut, daß sie vielleicht mal wegen einer politischen Aktion in den Knast kommt, aber nicht wegen so eines Vorwurfs«, sagte eine Parteifreundin.

Für die AL stand gestern zumindest eines fest: »Wir werden Ilona H. auf jeden Fall im Rahmen unserer Möglichkeiten in der Haft unterstützen, so wie das auch bei jedem anderen von uns selbstverständlich wäre.« plu

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