: Großmutters Schreibzeug
■ Hin zur Umweltfreude im neuen Schuljahr / Weg mit den chemischen Keulen
Zurück in die Zukunft. Wer dieser Tage die fast gleichlautenden Empfehlungen von Verbraucherzentralen und Kultusministerium liest, könnte glauben, in niedersächsischen Klassenräumen sei das ökologische Zeitalter angebrochen. Auch der landesweit einzige Bezirks-Umweltberater in Oldenburg, Jürgen Drieling, rät: Vorwärts mit Omas Schreibutensilien.
Recyceltes Papier, unlackierte Stifte, Leim aus Naturstoffen, Wachsmalstifte ohne Plastik und Federtaschen aus Leinen, Jute oder pflanzengegerbtem Leder sollten die SchülerInnen zum Schulanfang in ihren Ranzen tragen, lauten einhellig die Empfehlungen der Experten.
Schlechte Noten geben sie den chemischen Keulen: Tintenkiller können Schleimhäute von Mund und Augen reizen. Am besten streiche man deswegen wie in alten Zeiten falsche Buchstaben wieder durch. Auch das gute alte Tintenfaß erlebt seine Renaissance: Es soll die Plastikpatronen ersetzen. Klebstoffe dürften keine Lösungsmittel enthalten, denn sie könnten Allergien und im Extremfall auch Vergiftungen hervorrufen, warnt Hannelore Hapke von der Verbraucher-Zentrale Niedersachsen. „Buch-und Heftumschläge kann man aus altem Geschenkpapier selber basteln“, ergänzt Umweltberater Drieling.
Nur die Schulranzen dürfen weiterhin aus Plastik sein. „Weil die Sicherheit vorgeht“, erklärt der Umweltberater. Sie haben Rückstrahler und sind mit rund eineinhalb Kilogramm Gewicht leichter als Ledertaschen. Denn OrthopädInnen raten, daß Kinder nicht mehr als zehn Prozent ihres Körpergewichts auf dem Rücken tragen sollten. Für Erstkläßler sind das lediglich zwei bis zweieinhalb Kilo.
Was gut für die Natur ist, muß nicht unbedingt teuer sein. Recyceltes Papier zum Beispiel ist im allgemeinen billiger als schneeweißes. Nach Preisvergleichen der Verbraucherzentrale sind die Umweltschutz-Produkte für die Schule in diesem Jahr wegen der stark gewachsenen Nachfrage erstmals genauso preisgünstig wie die herkömmliche Ware. Nach der Erfahrung hannoverscher Kaufhäuser lehnen nur wenige Kunden umweltfreundliche Produkte ganz ab.
Das Kultusministerium empfiehlt den LehrerInnen, den Schülern eine Liste der Öko-Produkte mitzugeben. Zur gegenseitigen Bewußtseinsbildung sollte die Familie zusammen zum Schul- Shopping gehen. „Oft erziehen Kinder ihre Eltern zum Umweltbewußtsein“, sagt ein Kaufhaus- Mitarbeiter. „Nur die Kleinsten greifen lieber nach dem bunten Plastik“, hat eine Verkäuferin festgestellt. „In der Schule haben sie doch alle die Recyclingprodukte“, fügt eine Mutter hinzu. Ein 16 Jahre alter Schul-Einkäufer aber geht „mehr nach der Optik“. Eine Siebtkläßlerin findet: „Meist ist beides gleich nett. Dann kaufe ich lieber Umweltfreundliches.“
Bettina Kruse /dpa
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