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Mörder ohne Tatmotiv

Ein Dokumentar-Krimi untersucht den Fall des  ■ Serienmörders Eugen Weidmann

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2å Nicht der Mord ist verwerflich, sondern das Motiv. Wer aus Haß tötet, darf mit mehr Verständnis rechnen als ein Mörder aus Geldgier, wer auf Befehl tötet, gilt als vernünftiger als derjenige, der sich selbständig für Gewalt entscheidet. Eugen Weidmann wurde berühmt, weil er letztendlich überhaupt kein Motiv nennen konnte. Mitte der 30er Jahre tötete der Berliner in Frankreich scheinbar unmotiviert sechs Menschen, fremde Personen, mit denen ihn nichts verband, und deren Tod ihm kaum etwas nützte.

Er habe Geld gebraucht, um die Miete bezahlen zu können, erklärte der Deutsche nach seiner Festnahme. Doch die läppischen Summen, die er erbeutete, konnten keine Begründung vortäuschen. Nein, der Mann war ein Fremder aus einem anderen Land, vielleicht sogar ein Abgesandter einer Rasse jenseits der Menschlichkeit.

In seinem Buch Die Affäre Weidmann, das jetzt im Hamburger Galgenberg Verlag erschienen ist, erzählt Roger Colombani den Fall Weidmann als spannenden Dokumentar-Krimi. Den Prozeß, der die französische Öffentlichkeit zwei Jahre lang in Atem hielt, verknüpft der Journalist dabei mit historischen Fakten vom Vorabend des zweiten Weltkriegs. So erscheint der Deutsche als ein Spiegelbild der faschistischen Barbarei. Weidmanns Interesse an der bürgerlichen Hochkultur, seine Liebe zu Goethe oder Schiller, paßt da nur zu gut. Waren es damals ja gerade diese vermeintlichen Zeichen von Herzensbildung, die die Menschen irritierten.

Aus der zeitlichen Entfernung aber sind die Parallelen zum Faschisten deutlich zu erkennen: Wagner und die Gaskammern, Schiller und der Schützengraben oder eben Goethe und der Mord kurz vor dem Essen.

Den Alptraum einer völlig sinnlosen Gewalt war damals jedoch scheinbar niemand bereit zu ertragen: Alle suchten ein Motiv für Weidmanns Taten. Er sei ein Unruhestifter, geschickt von den Nazis, lautete eine These. Der zerrüttete Geist des Deutschen sei der menschenfeindlichen Nazigesellschaft zum Opfer gefallen, argumentierte die Verteidigung im Prozeß. Er habe ein Motiv, doch das gebe er nicht preis, war die Erklärung, wenn nichts mehr half. Doch ein befriedigender Grund fand sich nicht für die Morde, die dem Täter unter der Guillotine schließlich den Kopf kosteten.

1Spätestens hier zeigt Colombanis Romanstil eine fatale Schwäche. Festgelegt auf einen klar abgegrenzten Handlungsablauf und einen ebenso klaren historischen Rahmen kann der Autor nicht auf ähnliche Erscheinungen in späterer Zeit verweisen. Ein Hinweis auf die Leichenberge in den KZs, die von den

1Repräsentanten der sogenannten Herrenrasse fast schon mechanisch angehäuft wurden, fehlt ebenso wie einige Sätze zum neuzeitlichen Serienmörder. Gerade eine Verbindung dieser beiden Phänomene am Beispiel eines einzelnen Falles aber hätte äußerst erhellend sein können. Schließlich lautet eine lakoni-

1sche Antwort Weidmanns zu seinem Motiv, er habe sich irgendwann einfach ans Töten gewöhnt. Spricht da der deutsche Faschist oder der amerikanische Highway- Killer? Peter Lau

Roger Colombani - Die Affäre Weidmann, Galgenberg, 45 Mark

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