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Sie lagen vor Madagaskar

■ In Westrhauderfehn beschwört ein Seefahrer-Museum die großen Zeiten

Mit ihren kleinen Segelschiffen wagten sich die „Fehntjer“ weit übers Meer. Sie kreuzten in der La Plata-Mündung, vor Chiles Küsten und um Kap Horn, sie gingen mit Mann und Maus im Atlantik unter, sie strandeten im Sturm bei Terschelling und sanken vor Island. Hart war ihr Schicksal. Ein Gedenkstein erinnert an die 216 auf See gebliebenen Matrosen und Kapitäne.

Das im ostfriesischen Landkreis Leer gelegene ehemaligeSchifferdorf Westrhauderfehn spürt nicht mehr viel vom Duft der großen weiten Welt, der einmal den Westteil der 1769 gegründeten Moorsiedlung durchweht haben muß. Die schnellen Schoner, Barken und Brigantinen, die behäbigen Tjalks, Kuffs und Pünten sind allesamt verschwunden. Nur ein abgetakeltes Torfschiff dümpelt in der „Wieke“ vor dem Fehn- und Schiffahrtsmuseum. Doch in der Jugendstil-Villa aus wilhelminischer Zeit wird die Erinnerung an die stolze Vergangenheit wachgehalten, in der um die Jahrhundertwende noch 141 seegehende Segelschiffe und gleichviele Torfkähne registriert waren.

Die Abteilung „Seefahrt“ wird denn auch im Museum in Westrhauderfehn von Hermann Stumpe liebevoll umhegt. Neben Segelschiffsmodellen, Buddelschiffen, Sextanten und anderen maritimen Utensilien hat der ehrenamtliche Museumsleiter Seekisten von Fahrensleuten, deren Reisemitbringsel aus Fernost, eine Segelmacherwerkstatt und anderes seemännisches Handwerkszeug ausgestellt. Eine „Medizinkiste“ aus dem Jahre 1889, ausgestattet mit Klistierbesteck und Aderlaßlanzette, ist ebenso vorhanden wie das „Doktorbuch“ für den Kapitän. Denn der war oft genug gezwungen, neben dem nautischen auch das chirurgische Besteck anzuwenden.

Die Eröffnung des Suezkanals (1869) und des Panamakanals (1914), die Entwicklung der Dampfschiffahrt und die Folgen des 1. Weltkrieges läuteten das Ende der Segelschiffahrt auch für das ostfriesische Schifferdorf ein. Von den großen Seefahrtszeiten ihres Fehnortes träumen heute noch die im Schifferverein „Germania“ zusammengeschlossenen Fahrensleute und Kapitäne. Von ihnen wünscht sich Hermann Stumpe noch mehr „Seemannsgut“ für seine Sammlung. Das Interesse sei steigend, sagt er. Im vergangenen Jahr hätten über 10.000 Besucher den Weg in sein Museum gefunden. Heinrich Heeren

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