: Maßstab des kulturellen Verfalls-betr.: "Dubrovnik-ein Gedicht aus Stein", taz vom 12.8.92
betr.: „Dubrovnik — ein Gedicht aus Stein“, taz vom 12.8.92
Ich möchte mich bei Herrn Thomas Schmid bedanken. Er hat über die Stadt geschrieben, in der ich 17 von insgesamt 18 Jahren im ehemaligen Jugoslawien gelebt habe. Die von ihm erwähnten Plätze, wir lebten lange Zeit in der Altstadt, sind die Plätze meiner Kinder- und Jugendzeit. [...]
Was jetzt dort geschieht, ist für mich ein Maßstab des kulturellen Verfalls überhaupt. Nicht deshalb, weil, wie manche Kurzsichtige meinen, daß „Steine nicht wichtiger sein können als menschliche Leben“, vielmehr deshalb, weil gerade diese Steine wie kaum andere ein Zeugnis der menschlichen Schaffens- und Geisteskraft, also dessen, was man Kultur und Zivilisation nennt, sind.
Dubrovnik war und ist kein militärisch relevantes Ziel. Deshalb wird der faschistische Charakter des serbisch-montenegrinischen Regimes, das vorgibt „legitimie Ziele“ zu verfolgen, indem es Dubrovnik meint durch Zerstörung „verteidigen“ zu müssen“, hier ganz deutlich erkennbar. Dabei sind es gerade die Montenegriner, die sich noch immer für ein besonders ehrbares Volk halten.
Und deshalb ist meine Enttäuschung über die Haltung der sogenannten zivilisierten Welt gerade am Beispiel Dubrovnik so groß. Der „vierte Konsensus der Zivilisation (nach den drei der Französischen Revolution), der Antifaschismus beziehungsweise sein Ausbleiben im Fall des ehemaligen Jugoslawien dokumentiert sich auch an der Gleichgültigkeit gegenüber der Zerstörung von Dubrovnik. Aleksandar Branimir Kerdic, Siegen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen