Mäßiger Zulauf bei Wahlen im Libanon

Beirut (AFP) - Bei nur mäßiger Beteiligung der Bevölkerung haben am Sonntag im Libanon die ersten freien Parlamentswahlen seit 20 Jahren begonnen. Gewählt wurde zunächst nur im Norden und Osten des Landes. In den übrigen Regionen soll an den beiden kommenden Sonntagen die Stimmabgabe erfolgen. Insgesamt sind 2,4 Millionen WählerInnen aufgerufen, über 128 Sitze im neuen Parlament zu entscheiden.

Staatspräsident Elias Hrawi kritisierte am Sonntag den Boykottaufruf der christlichen Oppositions-Gruppen als „Blockade der Demokratie“. Diese hatten aus Protest gegen die Bevorzugung von pro-syrischen Kandidaten durch das Wahlsystem zu einem dreitägigen Generalstreik und zum Wahlboykott aufgerufen. Die Freiheit der Wahlen sei gewährt, erklärte Hrawi in Zahle. Eine Blockade der Demokratie und des Wahlprozesses werde er nicht hinnehmen.

Die Stimmabgabe verlief zwar ohne größere Zwischenfälle, doch kam es in zahlreichen Wahlbüros zu Unregelmäßigkeiten. So fehlten an vielen Orten Wahlhelfer und Urnen, oder waren die Kandidatenlisten unvollständig. Auch fand vielfach bei Öffnung der Wahllokale keine Kontrolle der Urnen statt. In den vier Wahlbezirken im Nordlibanon und in der Bekaa-Ebene hatten die Wähler wegen des christlichen Boykotts zumeist nur über pro-syrische Politiker abzustimmen, die auf Einheitslisten kandidierten. Nur wenige unabhängige Bewerber waren zu den Wahlen angetreten. In Baalbeck in der Bekaa-Ebene hatte pro-iranische Hizbollah-Miliz allerdings Gegenkandidaten zur Liste des amtierenden Parlamentspräsidenten Hussein Husseini aufgestellt. Der Chef der Kommunistischen Partei, Georges Hawi, berichtete nach einer Rundreise durch die Bekaa-Ebene, es sei massiver Druck auf die Wähler ausgeübt worden. Hawi, dessen Partei Kandidaten aufgestellt hatte, nannte die Wahlen eine „Maskerade“.

Die Wahllokale sollten gegen 17 Uhr schließen. Mit einem Auszählungsergebnis wurde wegen organisatorischer Schwierigkeiten erst in der Nacht oder am frühen Montagmorgen gerechnet. Am kommenden Sonntag soll in Beirut und im Libanon-Gebirge die Stimmabgabe fortgesetzt werden; am 6. September folgt der Südlibanon.