: Der Morgen wird ungewisser
■ Der Grundstein für die Ausländervertreibung ist gelegt
Die Brandlegung im Ausländerheim in Rostock mitsamt ihren hysterischen Erscheinungen versetzen mich und meine ausländischen Freunde in Panik. Die Gefahr eines Flächenbrandes liegt auf der Hand. Das Verhalten der dortigen Bevölkerung und das Gehabe mancher Politiker demütigen, peinigen und verfolgen die Geängstigten. Wenn Politiker die Interessen ihrer Wähler wahrnehmen müssen und Verständnis für die Demonstration gegen Ausländer aufbringen, sehe ich noch ein rationales, wenn auch engstirniges Motiv. Wenn sie aber nichts anderes zu tun haben, als die Situation zu verharmlosen und (Un-)Menschen zu verteidigen, die ausgerüstet bis an die Zähne hundert Meter vom Brand entfernt zuschauen, weil sie keinen Befehl zum Löschen erhielten, empfinde ich etwas ungeheuer Bedrohliches auf uns zukommen. Der Rechtfertigung der Ausländervertreibung wird damit ein Grundstein gelegt. Die Geschichte lehrt uns, daß es vom Grundstein zur Mauer nur eine Nacht dauern konnte. Der Morgen wird für mich immer ungewisser. Daß die Ausländer den Ausländerhaß nicht verursachen, werden die Politiker wahrscheinlich erst begreifen, wenn kein Ausländer mehr hier ist. Es war einmal, daß die »schuldigen« Juden erst freigesprochen wurden, als Millionen von ihnen bereits vernichtet waren.Nguyen van Huong ist Vietnamese und Mitarbeiter der Ausländerbeauftragten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen