: Agentin in der Flora
■ Eine junge Polizistin mit Geheimauftrag in Flora-Strukturen eingeschleust
in Flora-Strukturen eingeschleust
Das autonome Stadtteilzentrum Rote Flora ist weiterhin im Visier des Hamburger Staatsschutzes. Zu diesem Zweck hat die Geheimpolizei eine Undercover-Agentin in die Flora-Zusammenhänge eingeschleust. Der taz und der GAL liegen entsprechende Informationen vor, die aus Polizeikreisen zugespielt worden sind. Der GAL-Abgeordnete Peter Zamory nannte die Vorgehensweise des Polizei „unverantwortlich“, weil „junge Polizeibeamtinnen durch die unkontrollierbare Verfolgungswut des Staatsschutzes instrumentalisiert und somit verheizt werden“.
Bei der Undercover-Agentin handelt es sich um eine junge Polizeibeamtin, die bereits auf der Polizeischule vom Staatsschutz für diese Tätigkeit angeworben wurde. Kurz nach Abschluß ihrer Ausbildung bekam die Frau den konkreten Auftrag, inkognito in eine Wohngemeinschaft ins Schanzenviertel zu ziehen, was sie im Frühjahr realisieren konnte. Seither spioniert sie Flora-Zusammenhänge aus und liefert dem LKA 3 regelmäßig Infos über Strukturen, Aktionen und Diskussionen.
Polizeisprecher Wolgang Lüdtke wollte auf taz-Anfrage zu dem Undercover-Einsatz keinen Kommentar abgeben. Lüdtke: „Zu solchen Behauptungen nehmen wir grundsätzlich nie Stellung.“ GAL-Polizeireferent Peter Mecklenburg warnte jedoch die Polizeiführung: „Wir erwarten, daß die Innenbehörde die Beamtin im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht unverzüglich abzieht, da sonst für ihre Sicherheit nicht mehr garantiert werden kann.“
Es ist nicht der erste Versuch, eine Polizistin mit Geheimdienstmethoden in die Flora-Szene einzuschleusen. Bereits 1990 wurde die 23jährige Polizistin Christina Manz unter dem Falschnamen Christa Mahnsmann in das Flora-Plenum eingeschleust. Nach Recherchen wurde die Polizistin am 29. Dezember 1990 ertappt und in einem Flugblatt öffentlich enttarnt. Seither versieht Christa Manz wieder
1ihren normalen Streifendienst in St. Georg. Auch der Verfassungsschutz hat in den letzten Wochen in zwei Fällen versucht, Informanten aus der Flora-Szene für Spitzeldienste anzuwerben. Die GAL möchte in einer kleine Anfrage an den Senat wissen, ob derartige Spitzelpraktiken die Billigung des Hamburger Senats finden.
Daß der Einsatz von verdeckten Ermittlern zu Problemen ganz anderer Art führen kann, zeigte jüngst ein Fall in Göttingen, als sich ein Undercover-Agent in sein Ausspähungsopfer verliebte, den Belastungen nicht mehr standhielt und sich offenbarte. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen