Elste übernimmt Stadtentwicklung

■ SPD-Fraktionschef setzt auf Verdichtung in den Gewerbegebieten / Unternehmen sollen Werkswohnungen bauen, Senat Knete beisteuern

setzt auf Verdichtung in den Gewerbegebieten / Unternehmen sollen Werkswohnungen bauen, Senat Knete beisteuern

SPD-Fraktionschef Günter Elste in der Stadtentwicklungs-Offensive. Er will den Senat in den kommenden Monaten zu konkreten Schritten bei der Bekämpfung von Wohnungs-, Verkehrs- und sozialen Problemen drängen und setzt damit seinen Regierungschef Henning Voscherau unter Druck. Elste fordert in einem taz-Gespräch eine „innerstädtische Verdichtung in den Gewerbegebieten“ durch den Bau von Werkswohnungen. Sie sollen für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen und Pendler- Verkehr vermeiden. Mit städtischen Arbeitsmarktinitiativen will Elste außerdem die Zahl der Langzeitarbeitslosen abbauen. Umsetzung des Plans: möglichst sofort. Der Senat soll im Etat 93 das nötige Geld für diese „ausgewogene Wachstumsstrategie“ einplanen.

Unternehmen, die sich in Hamburg niederlassen oder expandieren wollen, sollen nach dem Willen Elstes nur noch dann Gewerbeflächen von der Stadt erhalten, wenn sie sich im Gegenzug dazu verpflichten, Wohnungen für die neuen Mitarbeiter zu bauen. Und zwar möglichst auf dem Firmengelände. Bereits ansässigen Unternehmen soll der Bau von Wohnungen auf dem Firmengelände, die Umwandlung von Büros in Wohnungen und die Einrichtung von Betriebskindergärten mit städtischen Fördermitteln schmackhaft gemacht werden.

Die an den Wohnungsbau gekoppelte Neuordnung der Gewerbe-Ansiedlungspolitik könnte dem Senat durch entsprechende Gesetzesinitiativen der SPD-Fraktion aufgedrückt werden, falls die Stadtregierung den Elste-Vorschlägen nicht von sich aus folgt. Das für die neuen Förderungsmöglichkeiten nötige Geld will Elste mit Hilfe seiner Fraktion im Haushaltsplan 1993 festschreiben lassen.

Das gleiche gilt für das vom SPD-Fraktionschef vorgeschlagene dritte Bein der städtischen Arbeitsmarktpolitik. Neben die durch die Bonner Kürzungen ohnehin arg ramponierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die städtischen Beschäftigungsgesellschaften soll künftig ein von der Stadt finanziertes Qualifikationsprogramm für Langzeitarbeitslose treten. „Die Menschen“, so Elste, „müssen nicht nur beschäftigt, sondern fit gemacht werden für die Jobs, die die Dienstleistungsmetropole Hamburg anbieten kann.“

Den Hintergrund für eine Stadtentwicklungspolitik nach Elste-Art liefert der als möglicher Voscherau- Nachfolger hoch im Kurs stehende Fraktionsvorsitzende gleich mit, gewürzt mit einem kräftigen Seitenhieb auf den jetzigen Senatsvorsteher: Nicht Voscheraus Lieblingsthema, die Parlaments-, Verwaltungs- und Verfassungsreform („das muß jetzt zügig abgehakt werden“) sei das zentrale Problem der kommenden Jahre, sondern die Bewältigung des Großstadtwachstums und der damit verbundenen Verkehrs-, Wohnungs- und sozialen Probleme.

Elste geht davon aus, daß Hamburg weiterhin Anziehungspunkt für Unternehmen und damit auch für qualifizierte Arbeitskräfte bleibt, die den Unternehmen an die Elbe folgen. Konsequenz: Andauernder Druck auf den Wohnungsmarkt, der mit konventionellem städtischen oder privaten Wohnungsbau nicht mehr aufzufangen sei. Und eine Zunahme der Pendler-Zahlen, zusätzlicher Verkehr.

Seine Lösung verbindet Elste mit einem weiteren Seitenhieb, diesmal in Richtung der Stadtentwicklungsbehörde. Hamburg brauche innerstädtische Verdichtung, aber nicht zu Lasten der Grünflächen und Kleingärten (Lieblingsidee der Stadtentwickler um Traute Müller und Baudirektor Egbert Kossak), sondern in den Gewerbegebieten.

Dem von Handelskammer und Unternehmen zu erwartenden Widerspruch gegen die Wohnungsbau- Verpflichtung sieht Elste gelassen entgegen. Die Unternehmen profitierten schließlich vom Wachstum der Stadt und dürften deshalb auch ruhig zur Bewältigung der mit diesem Wachstum verbundenen Probleme beitragen. uex