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Pulverfaß Karolinen-Viertel

■ Ein einwöchiges Stadtteilfest soll verhärtete Fronten aufweichen / Streit um Standort für Roma-Begegnungsstätte

soll verhärtete Fronten aufweichen / Streit um Standort für Roma-Begegnungsstätte

„Hier herrscht ein Klima der Gewalt“, beschreibt eine junge Linke die Stimmung im Karolinen- Viertel. Es sei schon fast alltäglich, daß jemand zusammengeschlagen werde. „Erst vor kurzem ist eine Frau mit vorgehaltenem Stilett- Messer zum Kauf von Drogen gezwungen worden“, berichtet eine Sozialpädagogin. Ein Jahr nachdem der Brennpunkt Karo-Viertel wegen angeblich brutaler Roma-Kinder, die alte Menschen überfallen, in die Schlagzeilen geriet, brodelt es so stark wie nie zuvor.

Doch darin sind sich viele Bewohner einig: Die Spannungen können nicht allein den Roma in die Schuhe geschoben werden. „Eine geballte Ladung anderer Probleme macht dem Stadtteil zu schaffen“, stellt der mit der Karo- Szene vertraute Ex-GAL-Abgeordnete Michael Herrmann fest: Da wären die Abwanderung der Heroin-Dealer ins Karo-Viertel nach den polizeilichen Säuberungsaktionen in St.Georg sowie die Spekulanten, die in dem citynahen Filetstück eine Spur von steigender Wohnungsnot nach sich ziehen. Doch Lösungsstrategien seien von seiten der Behörden und Politiker nicht in Sicht. Da helfe es nichts, wenn einzig die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) Häuser saniere. „Wenn der soziale Sprengstoff nicht entschärft wird, sind die Buden platt“, so Herrmann.

Um zu retten, was noch zu retten ist, wirft nun die seit dem Sommer 1991 bestehende „Initiativgemeinschaft Karoline“ einen Rettungsanker. Ab Montag beginnt eine Aktions- und Spielwoche, die von Anwohnern und fünf Stadtteileinrichtungen, darunter die Roma- Selbsthilfe Negotin Krajina, organisiert wurde. Mittelpunkt ist der „Spiel- und Streitplatz“ auf dem Ölmühlenparkplatz, auf dem bis einschließlich Freitag täglich ab 14.30 Uhr Aktionen stattfinden. Jeweils ab 18 Uhr sollen am Karolinen-Streit-Tisch die Fetzen fliegen, damit die verhärtete Front zwischen den einzelnen ethnischen und sozialen Gruppen endlich aufgeweicht und dadurch ein gemeinsames Handeln möglich wird.

Der Ölmühlenparkplatz wurde nicht zufällig als Zentrum für die Aktionswoche ausgewählt. Er ist einer der möglichen Standorte, auf dem Anwohner eine Begegnungsstätte entstehen lassen möchten. Hintergrund ist der Rausschmiß der Roma-Selbsthilfe aus einem Keller in der Glashüttenstraße. „Wir mußten kündigen, weil die Hausbewohner sich über den Lärm beschwert haben“, rechtfertigt Dieter Lux, stellvertretender Geschäftsführer der Steg, diesen Schritt. Eine Klage gegen die Kündigung läuft. Ein Gerichtsurteil erwartet Dieter Lux frühestens Ende 1992.

Der Streit um eine alternative Unterbringung der Roma ist inzwischen voll entbrannt. Die Steg will einen Pavillon gegenüber dem U-Bahnhof Feldstraße aufstellen. „Wir lägen für Rechtsradikale und andere Randalierer regelrecht auf

dem Präsentierteller“, wehren die Roma diesen Vorschlag ab. „Ich

habe auch Bauchschmerzen bei dem Standort“, gibt Dieter Lux zu. Kurzfristig sei aber kein alternativer Standort in Sicht. Doch für solche Provisorien sei jetzt keine Zeit mehr, so Michael Herrmann. Eine Begegnungsstätte könnte ein möglicher Baustein in einem Konzept zur Lösung der Konflikte sein.

Sigrun Nickel

Im Vorfeld der Aktionswoche findet bereits heute ab 12 Uhr auf der Marktstraße ein Stadtteilfest statt.

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