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Masochist im Trainingsanzug

■ Der ehemalige Konditionstrainer Karl-Heinz Drygalski wurde Präsident von Borussia Mönchengladbach

Mönchengladbach (dpa) — Der „Trainingsanzugs-Typ“ Karl-Heinz Drygalski steht als neuer Präsident beim Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach vor einem Scherbenhaufen. Dem Verein steht nach leichtfertiger Mißwirtschaft der vergangenen Monate finanziell das Wasser bis zum Hals. „Wer sich hier stellt, muß einen Hauch von Masochismus haben“, meinte Drygalski, bevor der 54jährige ehemalige Konditionstrainer des Klubs in der Nacht zum Freitag auf der Außerordentlichen Mitgliederversammlung als einziger Kandidat mit klarer Mehrheit von 547:65 Stimmen zum Nachfolger des im Juli zurückgetretenen Helmut Beyer gewählt wurde.

Das „negative Kapitalvermögen“, zu gut deutsch der Schuldenstand, ist in kurzer Zeit auf 4,64 Millionen Mark gewachsen. Der Klub gerät, wie der langjährige Vize-Präsident Helmut Grashoff als Buchprüfer festgestellt hatte, mit rasanter Fahrt in die „roten Zahlen“. Bei den laufenden Ausgaben fehlen zwei Millionen Mark, allein derzeit 1,3 Millionen bei den Spielergehältern, so daß diese wie schon im vergangenen Mai bald nur noch teilweise gezahlt werden könnten. Ginge das „organisierte Chaos“ beim früheren fünfmaligen Deutschen Meister weiter, würden im Oktober schon 2,2 Millionen in den Kassen fehlen. Die Partnerbank des Vereins hat kürzlich bereits das Konto gesperrt.

Die beiden ehemaligen Vize-Präsidenten Hans-Peter Moll und Dieter Frantzen machten den am 8.Juli beurlaubten Manager Rolf Rüssmann für die Malaise verantwortlich. Am härtesten beschuldigte jedoch Grashoff den Ex-Nationalspieler. Rüssmann hatte am Tag seiner Entlassung in einem Interview behauptet, der Verein schreibe schwarze Zahlen. „Dies war falsch, und es war bewußt falsch“, sagte Grashoff. „Eine dramatische finanzielle Situation hat nie stattgefunden“, verteidigte sich der Ex-Manager, der mit einer Wiedereinstellung durch die neue Führung, die sich verhalten positiv zu seiner Person äußerte, rechnen kann. Dagegen ist die Zukunft von Trainer Jürgen Gelsdorf, der in der vergangenen Saison die Ablösung des Konditionstrainers Drygalski vorantrieb, ungewiß. Ein klares Bekenntnis zum Trainer gab der Präsident nicht ab.

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