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Kriseln in der Angestelltenkammer

■ Koordinierender Abteilungsleiter der Angestelltenkammer legte Amt nieder

In der Bremer Angestelltenkammer kriselt es. Nachdem der ehrenamtliche Vorstand der Kammer die Vollversammlung, das 25köpfge „Parlament“ der Angestelltenvertreter, davon unterrichten mußte, daß ihm erst im Juli 1992 bekannt geworden sei, daß die Kammer und ihre angeschlossenen Bildungsinstitutionen im Jahre 1991 den beschlossenen Haushalt um rund 10 Prozent überzogen hatten (vgl. taz 29.8.), hat nun der „koordinierende Abteilungsleiter“ der Angestelltenkammer, Gerald Graubner, die Brocken hingeschmissen und um Versetzung gebeten.

Graubner war lange Zeit Abteilungsleiter für Bildung, Kultur und Forschung gewesen. In der seit Beginn des Jahres geltenden neuen Struktur bildete er die Schlüsselfigur zwischen den Abteilungen, Geschäftsführung und Vorstand. Graubner war maßgeblich an der Auslagerung des BBI, einer als gemeinnützige GmbH organisierten Berufsbildungs- Tocher der Angestelltenkammer, beteiligt. Er will die bisher nur ehrenamtlich und nebenbei ausgeübte Geschäftsführungs-Funktion im „BBI“ nun vollberuflich ausüben.

„Persönliche Gründe“ hätten zu seiner plötzlichen Entscheidung geführt, erklärte Graubner der taz. Der zeitliche Zusammenhang zu der Vollversammlungssitzung am 20. August ist allerdings unübersehbar. Damals hatte der Vorstand der Kammer versucht, den Abteilungsleitern die Verantwortung für die finanzpolitische Mißwirtschaft zuzuschieben. Präsident Baumeister fühlte sich gar hinters Licht geführt. Diese Kritik zielte auf die Ebene der Abteilungsleiter insgesamt.

Die Vertreter der Minderheit im Angestelltenparlament, die DAG, hatte die Überziehung der Haushaltes öffentlich gemacht. Der Geschäftsführer der Kammer, Eberhard Fehrmann, hatte zu seiner Rechtfertigung gegenüber Buten&Binnen erklärt, etat- unabhängiges Wirtschaften sei in der Kammer auch früher üblich gewesen. Aus der Satzung der Kammer, dies bestätigt der zuständige Rechtsreferent des Wirtschaftssenators, Diergarten, geht jedoch eindeutig hervor, daß das Etat-Recht der Vollversammlung zusteht. Ein Überziehen des Etats ohne ordentlichen Nachtragshaushalt stellt also einen Verstoß gegen die Satzung dar.

Hintergangen fühlen sich die DAG-Vertreter auch durch die Art, wie der Vorstand der Angestelltenkammer sie über die Novellierung des Kammergesetzes informiert bzw. nicht informiert hat. Nach der Auskunft des Rechtsreferenten war es keineswegs erforderlich, daß die Vollversammlung in einem Hau- Ruck-Verfahren über den Entwurf für Änderungen des Kammergesetzes abstimmt, es handele sich auch nur um einen „Diskussionsentwurf“, über den seit Anfang des Jahres beraten würde. Insofern ist Diergarten weiter dankbar für Anregungen, etwa die der DAG-Minderheit, die „Vollversammlung“ solle in Zukunft öffentlich tagen, um für die Angestellten mehr Transparenz in das Kammer-Geschehen zu ermöglichen. K.W.

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