: Allen geht's besser, nur den Armen nicht
■ Weltbank: Die weltweite Besserung des Lebensstandards ist höchst ungleich verteilt/ Rückgang des Bruttosozialprodukts in 17 afrikanischen Ländern/ In Südostasien nur die reicheren Länder erfaßt
Washington/Berlin (AFP/taz) — In den meisten Ländern der Erde ist der Lebensstandard im vergangenen Vierteljahrhundert gewachsen. Dieser Durchschnitt sagt allerdings nicht allzuviel über die tatsächlichen Lebensverhältnisse aus. Denn gerade in den ärmeren Ländern hat es entgegen der allgemein feststellbaren Verbesserung Rückschritte gegeben. Das ist das Ergebnis des jüngst veröffentlichten Entwicklungsberichtes der Weltbank.
In den schwarzafrikanischen Ländern war demnach die Steigerung des Bruttosozialproduktes pro Kopf der Bevölkerung weltweit die schwächste. Sie betrug 0,2 Prozent im jährlichen Schnitt zwischen 1965 und 1990. Da in den Jahren 1965 bis 1988 das Bruttosozialprodukt sogar jährlich um 0,1 Prozent abgenommen hatte, trat eine leichte Verbesserung des Lebensstandards erst in den vergangenen zwei Jahren ein. Die Bevölkerung wuchs in den afrikanischen Ländern im jährlichen Schnitt um 2,9 Prozent.
Für insgesamt 17 afrikanische Länder hat die Weltbank einen Rückgang des Bruttosozialproduktes in den vergangenen 25 Jahren festgestellt. Uganda verzeichnete den stärksten Rückgang mit 2,4 Prozent. In Nigeria, dem mit 115,5 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Land Afrikas, fiel die durchschnittliche Wirtschaftsleistung von 560 Mark in den 70er Jahren auf 410 Mark im Jahre 1990. Im kleinen Botswana dagegen stieg das Bruttosozialprodukt in der gleichen Zeit von 490 Mark auf 2.870 Mark.
Die Länder Südostasiens verzeichneten laut Weltbankbericht die größte Steigerung des Bruttosozialproduktes. Mit 5,3 Prozent im Jahresschnitt lag sie in den vergangenen 25 Jahren erheblich über dem durchschnittlichen Bevölkerungswachstum von 1,9 Prozent. Die Vorreiter dieser Entwicklung waren Korea und China mit Zunahmen von 7,1 Prozent und 5,8 Prozent im Jahr. Für die armen Länder Vietnam, Kambodscha und Laos legte die Weltbank allerdings keine Zahlen vor.
Auf dem indischen Subkontinent betrug das durchschnittliche Wachstum des Bruttosozialproduktes 1,9 Prozent. In Lateinamerika stieg der Wert der von der Bevölkerung erwirtschafteten Waren um 1,7 Prozent im Jahr. In sieben Ländern des Kontinents jedoch verzeichnete die Weltbank seit 1965 einen Rückgang.
In den Industrieländern erhöhte sich das Bruttosozialprodukt im Schnitt um 2,3 Prozent von 1965 bis 1990, in Japan von 1.269 Mark (1965) auf 35.856 Mark (1990), in der Bundesrepublik Deutschland von 2.721 Mark auf 31.527 Mark und in den USA von 5.146 Mark auf 30.724 Mark.
Die statistische Größe „Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung“ sagt allerdings nichts über die Verteilung des Reichtums im jeweiligen Land aus. Bei dieser Analyse schneidet die Bundesrepublik (alt) am besten ab: Dort besitzen die reichsten 20 Prozent der Haushalte 30 Prozent des nationalen Reichtums. In den Vereinigten Staaten hingegen verfügen die oberen 20 Prozent der Haushalte über 42 Prozent des Gesamtvermögens.
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