: Raus aus der Werkstatt
»Hamburger Arbeitsassistenz« vermittelt ■ Jobs für geistig behinderte Menschen
Ein Arbeitsplatz, der auf die eigenen Neigungen und Fähigkeiten zugeschnitten ist - wer träumte nicht davon? Mit Hilfe des neugegründeten Projekts Hamburger Arbeitsassistenz kann dieser Wunsch vielleicht für einige Menschen erfüllt werden, die solcher Unterstützung besonders dringend bedürfen - für Menschen mit geistigen Behinderungen.
Die sechs hauptamtlichen MitarbeiterInnen des Projekts versuchen, für diese Zielgruppe maßgeschneiderte Jobs zu schaffen. Nachdem sie im Gespräch mit den ratsuchenden Menschen ein mögliches Arbeitsplatzprofil entwickelt haben, suchen sie Unternehmen, die eine solche Stelle einrichten wollen. Zur Unterstützung bietet die Arbeitsassistenz Einarbeitungshilfe, stundenweise Begleitung und Nachbereitung. Außerdem können für die Beschäftigung von behinderten Menschen Arbeitsamtszuschüsse gewährt werden. Aber - „wenn ein Betrieb nur auf die finanzielle Seite schaut, hat der Versuch wenig Chancen“, meint Mitarbeiter Achim Ciolek. Entscheidend für den Erfolg sei vor allem die menschliche Unterstützung im Unternehmen.
Das Pilotprojekt wurde von der „Arbeitsgemeinschaft Eltern für Integration“ ins Leben gerufen und finanziert sich für drei Jahre aus Mitteln der Hamburger Hauptfürsorgestelle und des EG-Sozialfonds. Für Hamburg eine absolute Neuheit: Denn obschon sich zögerlich ein Bewußtsein dafür durchsetzt, daß körperbehinderte Menschen im Berufsleben ebenso leistungsfähig sein können wie nicht behinderte, werden Menschen mit psychischen und geistigen Einschränkungen aus dem „normalen“ Arbeitsleben völlig ausgeblendet.
In anderen Staaten ist das nicht so: In den USA etwa existiert bereits seit zehn Jahren ein Programm, durch das inzwischen rund 75000 geistig behinderte Menschen in ein Arbeitsverhältnis außerhalb von geschützten Werkstätten vermittelt werden konnten. Davon ist Deutschland noch Lichtjahre entfernt: Hierzulande wird immer noch ausschließlich auf Werkstätten gesetzt. Diese haben zwar eine Integration ins Berufsleben zum Ziel, doch das bleibt graue Theorie. Knapp ein Prozent der rund 3000 Menschen, die in Hamburgs Werkstätten arbeiten, schaffen den Sprung in einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Doch etwa ein Viertel von ihnen wünscht den Wechsel, schätzt Dieter Basener, Psycholge bei den Elbe-Werkstätten. Zunächst aber muß das Projekt-Team sondieren, ob es mit seinem Anliegen in Hamburgs Betrieben auf offene Ohren stößt. In zwei Fällen gelang dies schon: Ein Altersheim und eine Verpakkungsfirma haben auf Vermittlung der Arbeitsassistenz zwei Menschen mit geistigen Behinderungen eingestellt. Sannah Koch
Hamburger Arbeitsassistenz, Fuhlsbüttler Str. 402, HH 60, 63254-94
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen