: Soundcheck
■ Lemonheads / GWAR
SOUNDCHECK
Heute abend: Lemonheads. Nach 4 LPs, 8 Jahren Praxis und dreieinhalb Gehversuchen in andere stilistische Richtungen verzichten die amerikanischen Lemonheads auf weitere egozehrende Unternehmungen. Der Kopf der Gruppe, Evan Dando, Sonnnenjunge nach personeller Gesundschrumpfung, hat zum zweiten Mal im kreativen Alleingang eine Platte eingespielt. It's A Shame About Ray versammelt Melodien aus Sonnenverbranntheiten und abgepausten Reminiszenzen an das letzte Album Lovey. Die Leistung der Lemonheads bleibt, schöne Brücken von Hard Core zu West Coast gebaut zu haben. Evan Dando singt unverkrampft, was ihm steht und nichts bedeutet. So lernen wir von Evan Dando, wie das heißt, was übrig bleibt, wenn man gut ist und sich trotzdem immer noch nicht versteht. Davor spielen die Speed Niggs. Kristof Schreuf
Markthalle, 21 Uhr
Heute: GWAR. Es ist doch so: Die zeitgenössische Kultur gibt freundlich ihre Versatzstücke zur Übernahme frei. Die Rock-Gruppe GWAR aber mißversteht diesen Gefallen als Tücke. Vielmehr treiben sie diese Splitter durch eine angestrengte Kombination auf eine groteske Spitze. So spielen GWAR im weitesten Sinne Metal und führen am eigenen Körper die Materialien des Grauens vor: Blut, Schleim, Pisse, Schlamm. Über Bühnen spasten GWAR als selbsternannte Bastarde von Splatter-Zeitalter und milieu-theoretischem Restkitsch. So versuchen sie, den Gefallen, den die Kultur ihnen macht, als Bedrohung zu entlarven - ein Spiel, daß ernsthaft und ursprünglich mal Hippies erfunden hatten. Ihre zeitlichen Nachfolger schufen sich dann ihren Zeitver-
1treib damit, daß sie Bedrohung in Zeiten der Gefahrlosigkeit witter-
ten. So tönte durch die 70er ein Lachen, daß das Ende der ganzen Entlarvungs-Angelegenheit anzeigte. Die Gruppe GWAR hat das Lachen gehört und den Witz in der beschriebenen Weise mißverstanden. Kristof Schreuf
Docks, 21 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen