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Eddie und die Diebe

■ Baseball: Lokstedt vergeigt im Play-Off-Halbfinale gegen Mannheim 6:16

Der Mann ist schmächtig, seine Flanellhose und das kurzärmelige Oberhemd scheinen mit ihm Gassi zu gehen: Er hockt so merkwürdig gebückt da. Von Zeit zu Zeit schiebt er den Käfig, den er vor seinem Gesicht trägt über die Schirmmütze und greift in einen der beiden schwarzen Beutel, die an seinen Hüften baumeln. Zutage tritt eine kleine Taschenbürste, mit der er nicht seine Schuhe, sondern ein sofakissengroßes Mal am Boden bürstet. Ja, es ist Sommer und die Homebase auf dem Grandplatz an der Döhrntwiete ist voller Staub. Unser Mann ist Schiedsrichter. Beim Baseball. In Lokstedt.

„Go for it!“ schwappt es Punkt 14 Uhr aus der Musikanlage in die Ohren der auf dem Rasen in der Sonne lümmelnden Fans. „It“ ist der Einzug in die Endspielrunde der Deutschen Meisterschaft und um „it“ zu erreichen sieht der Modus („best of three“) zwei Siege vor. Die Lokstedt Stealers steckten das Erstliga Dream-Team, die Mann-

1heim Tornados, im ersten Play-Off- Halbfinalspiel letzte Woche überraschend mit 14:13 in die Taschen ihrer weißen Bundhosen. Aber „it“ ist deshalb für den Rekordmeister aus dem Süddeutschen noch lange nicht verloren. Bereits nach zwei der neun zu absolvierenden Innings (Durchgänge) lagen die Tornados mit 10:0 in Führung. Die Mannheimer landeten etliche Hits, also Bälle, die der Batter (Schläger) hoch und weit über die Spielfeldgrenze hinausdonnert. In Lokstedt, weniger im Einzugsgebiet des american influence gelegen als Mannheim, ist das Spielfeld proportional stark verkleinert, ein Hit landet deshalb gleich im anliegenden Grün, weit hinter dem feldbegrenzenden Geländer. Während die Stealers auf Tauchstation nach dem kleinen Lederei gingen, blieb dem gegnerischen Schläger genug Zeit für ein Home-Run über alle drei Bases (Male). Punkt.

Die heimischen Diebe, von Tornados und Gebüsch zerzaust, fin-

1gen sich während der noch verbliebenen knappen drei Spielstunden nicht mehr. „Wir haben zu viele Fehler gemacht, und nicht zum Spiel gefunden“, analysierte der Lieblingsdieb der Lokstedter, Nationalspieler Michael Wäller, hernach gefasst. Der 27jährige Zweiradmechaniker, jüngst bei der B-EM als bester Pitcher (Werfer) ausgezeichnet, lieferte den Fans allein durch seine Anwesenheit, keiner zieht beim Ausholen so schön das Knie zur Gegenschulter wie er, Grund zum Jubel. Deutlich outeten sich in ihm die 20 echten unter den 600 zuschauenden Amerikanern. Nach dem siebten Inning, als Cola, Suppe und Würstchen alle und die Stealers immer noch nicht besser drauf waren, war es auch mit der Bonusjubelei der fast paritätisch aus Girls und Boys zusammengesetzten Fangemeinde vorbei: Die Septembersonne schien schließlich noch. War auch Heimtrainer Phil Kortekaas aus Holland von ihr geblendet? Die Sicherheit, mit welcher er - sein Team lag bereits 12:5 zurück - bei über der Brust verschränkten Armen Hoffnung verströmte, mutete seltsam entrückt an: „Es sind noch zwei Durchgänge zu spielen, da ist noch alles drin.“

Wohl war, aber es kam nichts mehr heraus für die Diebe. 16:6 stand es am Ende. Die deutsche Synchronstimme von Eddie Murphy giggelte zum wiederholten Mal aus der Anlage: "...Ich bitte sie: Suchen sie sich ein anderes Opfer!" Ha-ha. Ermittlung desselben nächste Woche in Mannheim. Helen Harper

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