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Wuchtige Krawatte

■ „Aspekte“ neu moderiert, Di., 22.15 Uhr, ZDF

„Aspekte“, das dienstälteste deutsche Kulturmagazin, hat eine bewegte, 27jährige Geschichte hinter sich. Der erste Moderator Walter Schmieding war im Sender verhaßt und beneidet, weil er eine Sendung moderierte und gleichzeitig die Berliner Festwochen leitete. Zudem war er nicht gerade einer der Unkritischsten.

Ihm folgte Reinhard Hoffmeister, der im März 1974 vorübergehend „beurlaubt“ wurde, weil der Schriftsteller Gerhard Zwerenz in „Aspekte“ der Frankfurter Polizei Folterungen nachgesagt hatte. Begründung des Intendanten Holzamer: „Ein Kulturmagazin ist ein Kulturmagazin und darf nicht seine Grenzen verkennen“. Es gab zwar ein Comeback, doch Hoffmeister kam nicht mehr so recht in die Gänge. Ihm folgte Dieter Schwarzenau, der Veranstaltungen wie „Das literarische Quartett“ und den „Aspekte“-Literaturpreis ins Leben rief. Schwarzenau — sinnigerweise jetzt Pressesprecher des ZDF — hat 1977 die verschiedenen Kulturmagazine („Musikjournal“, „Kino Kino“ und „Literarisches Kolloquium“) in „Aspekte“ gebündelt, auf einen 7tägigen Rhythmus verlegt und die Sendung insgesamt auf Zeitgeist getrimmt.

Der letzte Moderator war Johannes Willms, der Björn Engholm der Kulturberichterstattung, ein verspannter Jüngling mit der Ausstrahlung eines Oberlehrers, der jederzeit aus dem Bildschirm in die Wohnstube steigen konnte, um einem vor dem Schirm eine Watsche zu verpassen, weil man wieder geschwätzt hatte, statt in seine lustvoll konstruierten Schachtelsätze zu kriechen. Seinen Höhepunkt erreichte er vor zwei Jahren mit der Sendung über die Ruinen, mit der er eine sinnige Metapher für den derzeitigen Zustand der „Aspekte“ schuf.

Mit Manfred Eichel knüpfen die Mainzer wieder an die große Tradition ihrer Kultursendung an. Eichel leitete bereits das „NDR-Studio III“, nach „Aspekte“ eines der ältesten deutschen Kulturmagazine überhaupt. Mit schlichtem Alltagsvokabular gab Eichel einen Überblick über die Filmfestspiele in Venedig, ein traditionelles „Aspekte“- Thema. Eichel verstieg sich nicht in hochkulturelle Nebenschauplätze, vergaß vor allem das Kulturpolitische nicht. Peter Handke wurde verrissen — klar, so etwas tut immer gut.

Die Moderation war sachlich und dem Zweck untergeordnet. Er vermittelt das Gefühl, daß man dem Mann, der sich bescheiden am Bildschirmrand hält, vertrauen kann. Bis auf seine wuchtige Krawatte hat Eichel sich diskret und unauffällig dem Publikum präsentiert. Bonmots kamen locker aus der Lameng und wurden nicht wie das Feuerwerk von Versailles abgebrannt. Hier und da ein Versprecher, das macht die Sache lebendig, zum Anfassen. Wir bleiben dran. Manfred Riepe

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