piwik no script img

Zukunft Europa

■ betr.: "Europa ohne Zukunft?", taz vom 9.9.92

betr.: „Europa ohne Zukunft?“, EUROTAZ vom 9.9.92

[...] Was ist „Maastricht“? Vor allem eine enorme Kompetenzerweiterung zugunsten der Europäischen Gemeinschaft, eine Reform des EWG-Vertrages. Dieser Vertrag kann — spätestens nach einer derartigen Reform — als ein verfassungsähnliches Gebilde angesehen werden, über dessen wirklichen Inhalt man allerdings in den Medien nur wenig aufgeklärt wird. Würde das Scheitern einer grundlegenden Reform des Grundgesetzes den Niedergang der Bundesrepublik bedeuten? Wohl kaum. Genauso verhält es sich mit Europa. [...]

Die manchmal eher uneuropäischen Streit- und Kritikpunkte sind nur Folgeerscheinungen derselben Krankheit, die schon dem Europäischen Parlament Bauchschmerzen bereitet haben: Europa leidet an einer Demokratie-Insuffizienz, an Demokratiemangel.

Die Maastrichter Verträge wirken ungewollt wie eine Schocktherapie mit heilenden Fieberschüben: Die Bevölkerungen Europas erwachen (langsam). Nach 35 Jahren besteht zum ersten Mal die Chance, daß sich eine europäische Öffentlichkeit entwickelt und meldet, daß sie auch etwas zu sagen und mitzubestimmen haben will. Der Katalysator „Maastrichter Verträge“ sollte dabei auf der Strecke bleiben. Ohne ihn hat die Demokratie in Europa ungleich größere Chancen, sich den ihr gebührenden Platz zu schaffen.

Die Europäische Gemeinschaft ist zu wichtig und richtig und bereits zu fest etabliert, als daß sie dauerhaften Schaden erleiden würde. Ein Unsinn, der dauernd wiederholt wird, und dem schon die EG-geschichtliche Erfahrung widerspricht: Das Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 hat die Entwicklung nicht aufgehalten, so daß schon 1957 die EWG- und Euratom-Verträge unterschrieben wurden.

Ein Votum gegen Maastricht muß sich aber immer auch sofort gegen die Haltung rechter und rechtsextremer Parteien abgrenzen: Diese wollen im Ergebnis weniger Demokratie und mehr nationale und nationalistische (straffe) Hierarchie. Das hier vertretene Votum richtet sich gegen das Maastricht, das alles, nur nicht die europäische Demokratie weiterentwickelt.

Europa ohne Zukunft? Europa ohne Maastricht mit Zukunft. Stephan Korb, Matthias Böke, Hannover

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen