: Asylunterkünfte: 10 m2 ist „akzeptabel“
■ Bunker Sebaldsbrück wird wieder voll / Unterbringungs-Konzept für Flüchtlinge vorgelegt
Jetzt werden doch wieder Asylbewerber in einem Bremer Bunker in Sebaldsbrück wohnen. „Wenn kein Wunder geschieht, werden wir die Leute dort unterbringen müssen“, bestätigte gestern Andrea Frenzel-Heiduk, Sprecherin der Sozialsenatorin. „Niemand bringt gern Menschen in einem Bunker unter, aber brandschutztechnisch ist das die einzige Unterkunft, die in Frage kommt.“
Hans Leppin, der Leiter des Amts für Sozialen Dienste, will in Sebaldsbrück „hauptsächlich Familien mit Kindern“ unterbringen, maximal 60 bis 80 Personen. „Der Beirat Hemelingen wird natürlich nein sagen“, meint er, „aber wir können die Leute ja nicht auf die Straße schicken.“ Der Bau weiterer fester Quartiere sei beschlossen, doch die Verfahren zögen sich durch Einsprüche in die Länge.
Wenig begeistert zeigte sich gestern die Senatorin für Ausländerintegration, Helga Trüpel, über die neue Notunterkunft. „Alternativen gibt es aber nicht, der Wohnungsmarkt ist zu“, verteidigt sie die Maßnahme. Was dem kleinsten Bundesland fehle, sei ein Unterbringungskonzept.
Ein erster Entwurf für ein Konzept kommt jetzt aus dem Haus der Gesundheitssenatorin. Vorgelegt wurde er erstmals beim Runden Tisch der mit der Unterbringung befaßten Verbände und Behörden im August. Auf neun Seiten beschreiben dort Heinz- Jochen Zenker und Heinrich-Georg Hohmann vom Hauptgesundheitsamt (HGA) Unterbringungsmöglichkeiten, „die sich aus eingehenden Diskussionen mit leitenden, für die Unterbringung verantwortlichen Mitarbeitern der Wohlfahrtsverbände sowie der Gesundheits- und Sozialbehörde ergeben.“
Kernaussage der HGAler: „Unsere Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß eine effektive Betreuung in allen Bereichen der wesentliche Schlüssel für eine reibungslose Unterbringung darstellt und von deutlich größerer Wichtigkeit ist als baulicher Standard und Ausstattung.“ Darum werden Unterbringungen für maximal 100 Menschen vorgeschlagen, die — je nach Nutzergruppe — unterschiedlicher Qualität sein können. Nur für eine Größe von 100 Menschen sei bei dem gängigen Betreuungsschlüssel von 2,5 Stellen je 100 eine ganztägige Betreuung gewährleistet. Erstunterkünfte, die maximal sechs Wochen von einer Person belegt werden sollten, könne man zur Not auch in Gewerbegebieten ansiedeln, während ein solcher Standort für Übergangswohnen (ca. sechs Monate Wohndauer) wegen fehlender Integrationsmöglichkeiten ungeeignet sei. In dem Konzept heißt es aber auch deutlich, daß „z.B. Bunker, Lagerhallen sowie Fabrikgebebäude grundsätzlich ausgeschlossen sind.“
Wegen der kaum zu prognostizierenden Zahl der Zuwanderer und Asylbewerber schlägt das HGA „Vielzweckbauweise“ sowohl für Erstunterbringung als auch für Übergangswohnen vor. „Die in Bremen ... angewandte Regelung von 10 qm Gesamtwohnfläche (d.h. einschließlich genutzter Flure, Nebenräume, Küchen, Sanitärbereiche etc.) hat sich unserer Meinung nach im Überlastbereich als absolute Untergrenze überwiegend noch als akzeptabel erwiesen“. Pro zehn Menschen eine Toilette, schlägt das HGA weiter vor, und zwar in französischer Art: Ein Loch im Boden — der leichteren Reinigung wegen. Die längerfristigen Unterbringungsprojekte sollten außerdem die Möglichkeit zur Selbstverpfegung bieten, weil „die persönliche Nahrungszubereitung oft der letzte Bereich (ist), in dem noch persönliche Verwirklichung möglich“ sei.
Als weiteren Ausstattungsstandard empfehlen die HGAler einen Bodenbelag aus Fliesen oder Holzdielen, „ausreichende Tageslichtbeleuchtung“ und „Etagenbetten“. Für die sanitären Einrichtungen „Druckventile mit Zeit oder Mengenbegrenzung“ sowie eine elektrische „Zwangsbelüftung“ für Küchen und Sanitärräume.
Bislang ist das Konzept jedoch nur Diskussionsgrundlage. „Ich unterstütze diese Forderungen voll“, erklärte dazu gestern die Leiterin de Zentralstelle für die Integration Zugewanderter, Dagmar Lill. Jedoch sei bei so vielen Beteiligten die Abstimmung eines Konzeptes ein „langwieriges Problem“: In der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe arbeiten die Senatsressorts Gesundheit, Bau, Soziales und Ausländerintegration mit. dir/mad
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen