: Was tun?
■ Achille Occhetto/Marie Kabasela/Valtr Komarek/Jizchak Rabin/Jean Ziegler/Arnaldo Ramos
Was tun gegen den Rassismus in Deutschland? — fragte die taz PolitikerInnen aus aller Welt, die in der vergangenen Woche zum Kongreß der Sozialistischen Internationale in Berlin weilten.
Achille Occhetto, Vorsitzender der exkommunistischen, nunmehr sozialdemokratischen italienischen Partei der demokratischen Linken (PDS): „Die Linke muß sich zusammentun. Wir müssen ein breites internationales Bündnis gegen das Hakenkreuz bilden.“
Marie Kabasela, von der zairischen Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt (UDPS): „An Artikel 16 liegt es nicht. Verfolgte müssen Schutz bekommen. Man muß versuchen, mit den Leuten zu reden. Die Deutschen sind ja auch in anderen Ländern unterwegs — beruflich und im Urlaub. Die werden sich nicht freuen, wenn sie dort angegriffen werden.“
Valtr Komarek von der tschechoslowakischen „Sozialdemokratischen Partei“ und Minister der ersten Regierung nach der samtenen Revolution: „Das ist eine schwierige Angelegenheit. Ich bin selbst jüdischer Abstammung, hatte aber immer viele antisemitische Freunde. Das sind gute Menschen — nur eben Antisemiten. Ich befürchte, daß der Rassismus ein Aspekt der menschlichen Psyche ist. Etwas dagegen tun kann man eigentlich nur, indem man darüber redet. Genauso offen, wie wir einst sexuelle Tabus gebrochen haben, müssen wir auch mit rassistischen Vorurteilen umgehen. Darüber hinaus gibt es nur die Erziehung, die Logik und die Demokratie — zu der auch das Recht auf Asyl gehört.“
Jitzhak Rabin, von der israelischen Arbeiter-Partei, Premierminister: „Man muß die Menschen erziehen, nicht rassistisch zu sein. Sie müssen lernen, daß menschliche Wesen auf einer gleichberechtigten Basis behandelt werden müssen — unabhängig von Religion und Hautfarbe.“
Jean Ziegler, Schweizer Sozialdemokrat (SPS) und Abgeordneter im Nationalrat: „Rassismus ist kein deutsches Problem — in der Schweiz brennen jeden Tag Asylantenheime, nur die Journalisten schreiben nicht darüber. Mit Einschränkungen des Asylrechts, wie die SPD das vorhat, kommt man nicht weiter. Das Asylrecht ist eine Stärke der Demokratie. Und gerade die Demokratie muß man stärken — gegen den Rassismus.“
Arnaldo Ramos von der Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit der Kapverdischen Inseln (PA ICV): „Natürlich muß man Kriminelle bestrafen. Aber das ist nur die eine Seite. Entscheidend ist eine Zukunftspolitik, die von multiethnischen Gesellschaften in ganz Europa ausgehen muß. Die Europäer machen es sich zu einfach, wenn sie nur ,Gastarbeiter‘ haben wollen. Der Umgang mit menschlichen Wesen, mit Haus, Familie und Kindern ist viel schwieriger. Aber Ausländer müssen gleiche Rechte haben. Solange sie am Rande stehen, wird es soziale Probleme geben. Das wird noch nicht ernst genug genommen — nicht einmal von den Sozialdemokraten.“ Dorothea Hahn
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