: Leistung mangelhaft, setzen, sechs!
■ Brand auf der Deponie Schönberg: Kieler Wissenschaftler spricht von "Unfähigkeit" und "Volksverdummung" der Behörden
: Kieler Wissenschaftler spricht von „Unfähigkeit“ und „Volksverdummung“ der Behörden
Beim Brand auf der Deponie Schönberg sei mit Sicherheit Dioxin freigeworden, sagte der Kieler Toxikologe Prof. Otmar Wassermann gestern auf Anfrage der taz. Eine Fläche von etwa 300 Quadratmetern brannte in der Nacht zu Mittwoch auf Europas größter Mülldeponie, an die Hamburg jährlich rund 500 000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll liefert.
Verdeckt unter Haus- und Gewerbemüllschichten könnte auch Giftmüll gebrannt haben, das vermuten Wassermann und auch die Vereinigten Bürgerinitiativen gegen die Giftmülldeponie. Wenn Haus- und untergemischter Industriemüll verbrennt, werde ein brisantes Giftgemisch frei. Die Gase würden die Atemwege reizen, Haut und Immunsystem schädigen, und das Krebsrisiko erhöhen.
Grob fahrlässig hat nach seiner Auffassung das Schweriner Umweltministerium gehandelt, das am Mittwoch erklärt hat, Rauchgas- und Immissionsmessungen hätten keine giftigen Belastungen ergeben. Dem Staatssekretär des Minsteriums, Peter-Uwe Conrad (CDU), wirft der Kieler Wissenschaftler „eklatante Volksverdummung“ vor, und empfiehlt der Regierung von Mecklenburg-Vorpommern, die „unfähige“ Umweltministerin samt Staatssekretär zu entlassen, weil sie „inhaltlich keine Ahnung haben“ von dem, was in der Giftkuhle passiert. Die Eingangskontrolle sei dort mehr als mangelhaft. „Wenn die gründlich kontrollieren würden, würde die LKW-Kette in drei Tagen bis nach Paris reichen.“
Die sofortige Schließung der Mülldeponie hat der Lübecker Bürgermeister Michael Bouteiller gefordert, denn bei dem Brand habe sich herausgestellt, daß es keinen Alarmplan für solche Gefahrenfälle gibt. Die Stadt bezweifle auf Grund der Erfahrungen der letzten Nacht die personelle Zuverlässigkeit der Betreiber der Deponie und der zuständigen Beamten im mecklenburg-vorpommerschen Umweltministerium, erklärte Lübecks Bürgermeister am Mittwoch. Er sei nachts telefonisch von einer Bürgerin auf den Brand aufmerksam gemacht worden, der bis in die Hansestadt zu riechen und zu sehen war. Als sich die Anrufe besorgter Anwohner häuften, die über den stinkenden Qualm klagten,fuhr Bouteiller selbst zur Deponie: „Wir mußten vor Ort feststellen, daß einzig die Freiwillige Feuerwehr Selmsdorf anwesend war“.
Außerdem hätten sich die Angaben der Betreiber, das Umweltamt Grevesmühlen habe Immissions-
messungen vorgenommen, als falsch erwiesen. Nur der Betreiber selbst habe gemessen, so der Bürgermeister. Aber auch die Betreiber der Müllkippe sind nach Ansicht der „Grünen Liga“ in
Schwerin technisch nicht in der Lage gewesen, beim Brand Schadstoffe nachzuweisen, sie könnten mit ihren Geräten nur Kohlenmonoxid und -dioxid identifizieren.
Die Schönberger Müllkippe soll
jetzt der Bundes-Störfallverordnung für Chemieanlagen unterworfen werden, demnach müßten unter anderem Sprinkleranlagen und Auffangbecken für Löschwasser eingerichtet werden. Vera Stadie
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