: Japapapapageno! Japapapapagena!
■ 65 SchülerInnen des Bremer Japanischen Internats proben die Zauberflöte auf japanisch und deutsch
Die bremische Proben-Besucherin und Berichterstatterin, zugegeben, ist verwirrt, was aber die apanischen SchülerInnen überhaupt kein bißchen verstehen, eher in aller höflichen Zurückhaltung ein bißchen lustig finden. 65 SchülerInnen des Japanischen Internats Bremen proben eine Oper — Mozarts Zauberflöte. Na und?
Gerade steht die Königin der Nacht in den Requisiten-Trümmer-Säulen, die später zum Bühnenbild geordnet werden, schon im Kostüm, und singt ihre große Arie, ihre Kadenzen. Sie hat eine Opernstimme: dazu später. Die anderen klatschen. Der Japaner Papageno studiert am Fenster schnell nochmal die Partitur. Was wie buntes Durcheinander aussieht, ist eine durchdachte, gezielte, sehr motivierende Probe. Morito Masuda, Bariton, seit 5 Jahren Musiklehrer und Talente- Finder, sieht eigentlich aus wie ein Tänzer. Gerade, bestimmt, aufrecht korrigiert er mit Gesten und wenigen Worten Gesang und Bewegungen, läßt den Chor kraftvoll auftreten, muß mit seinen SchülerInnen lächeln, als sich Federn von Papagenos Kostüm lösen, weil seine Liebste probenlang so heftig daran gezogen hat.
Diese wunderbaren geharnischten Rüstungen, die Eisengewänder aus Silberlame, Papagenas grünbauschiges Tüllflatterkleid - all da kommt aus dem Fundus des Goethetheaters. Genau wie Licht- und Tontechnik. Und von dort kommt auch Eberhard Slowak, stimm- und staturgewaltiger Medienpädagoge am Goetheplatz, der zusammen mit Masuda das Stück einstudiert. Gar nicht einfach, denn die Arien werden auf deutsch, der Rest auf japanisch gesungen. Wie soll der Bremer Slowak wissen, ob der Augenaufschlag zur rechten Zeit kommt im japanischen Text? „Play with these shoes on saturday!!“ rät er, im vergeblichen Versuch zu flüstern, zwischendurch einem Geharnischten, der seine privaten Stiefel zum Kostüm noch anhat.
Wenn es manchmal auf deutschen Opern-Bühnen das Problem gibt, daß sich die Figuren gegenseitig starr auf der Bühne ansingen, gelähmt herumstehen oder bestenfalls Kniefälle zuwege bringen: Hier wird gespielt, gelaufen, geschlichen, abgeblockt, geschlendert. Die SchülerInnen, die meisten um 18 Jahre, sprechen und singen die japanischen und die deutschen Texte laut und leidenschaftlich, leise und beschwörend, sie gehen grübelnd auf und ab, erfinden wegwerfende Bewegungen, stürzen sich zu Boden, legen die Hand aufs Herz, ziehen bitterböse die Brauen zusammen, lächeln schmelzend. Das wird man bis in die allerletzte Reihe sehen, und in der ersten wird es ein reines Vergnügen. Dabei sind sie ja keine ausgebildeten SängerInnen! Ob diese Mozart-Arien für japanische Ohren und Kehlen nicht fremd und schwierig sind? Haruna Shirataki, die Königin der Nacht, lächelt: „Klassische japanische Lieder sind schwieriger.“ In den gebildeten japanischen Familien wachsen die Kinder mit europäischer Musik auf. Nach einigen Jahren Bremer Internat studiert Shirati inzwischen an der renommierten Tokyoter Musikhochschule Gesang und ist extra für die Zauberflöte nach Bremen geflogen. Musiklehrer Masuda hatte sie vor Jahren im Internat als Talent entdeckt und gefördert.
Weil die Zauberflöte „ganz lustig“ ist und „viele Kinder“ mitmachen können, hat Masuda sie jetzt zum zweiten Mal einstudiert: „Die Schüler wollten das unbedingt, das sollte wichtig sein für einen Lehrer.“ Ein Lehrertalent: Die Motivation lag in der Luft, zum Anfassen. Susanne Paas
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