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Kein Kronzeuge

■ betr.: "Der Mord an Gerhard Kaindl brachte nichts", taz vom 9.9.92

Betr.: »Der Mord an Gerhard Kaindl brachte nichts«, taz vom 9.9.92

Das Antifa-Info eignet sich nicht zum »Kronzeugen« gegen den militanten Antifaschismus.

Über fünf Jahre hinweg hat die taz in ihrer Berichterstattung das Erscheinen des Antifa-Infos ignoriert. Die politische Herangehensweise der taz und des Infos an die Probleme des antifaschistischen Kampfes standen und stehen seit jeher im Gegensatz zueinander. Während Ihr in Kommentaren und selbst in Berichten über Nazi-Aufmärsche und antifaschistische Gegenaktivitäten Eure Kritik und Abneigung gegen einen militanten Antifaschismus zum Ausdruck brachtet, gingen wir anders an die Probleme und Auseinandersetzungen heran. Wir haben Eure Unterscheidung in »gute und böse Linke«, in »gute und böse AntifaschistInnen« nie mitgemacht, wobei für Euch ein entscheidendes Kriterium die Stellung zu Gewalt und Militanz ist: gut sind die friedlichen, gewaltfreien und böse die militanten AntifaschistInnen.

Daß Ihr uns nach Jahren des Erscheinens zur Kenntnis nehmt, darauf sind wir nicht angewiesen; zumal dahinter kein wirkliches Interesse an unserer Arbeit zu stehen scheint, sondern der Versuch, das Antifa-Info zum »Kronzeugen« für Eure Kritik des militanten Antifaschismus zu machen. Fünf Monate nach dem Tod Kaindls und fast drei Monate nach dem Erscheinen unserer Ausgabe zitiert Ihr uns zu diesem Thema. Den Zeitpunkt habt Ihr »gut« gewählt. Nach den Pogromen von Rostock, die sich anschließend durch die gesamte Republik zogen, wächst bei vielen Linken die Einsicht, daß man sich den Nazis offensiver entgegenstellen muß. Die offene und verdeckte Kumpanei der etablierten Parteien und der staatlichen Organe (einschließlich der Polizei) mit den faschistischen Organisationen und Kadern sowie dem aufgehetzten und beifallklatschenden Mob, hat zu dieser Einsicht beigetragen. Statt Euch in einer solchen Situation über unser Wissen und unsere politische Stellungnahme zu den Pogromen zu erkundigen, zitiert Ihr aus einer inaktuellen, von den Ereignissen überholten Info-Ausgabe.

Der Versuch, daß Antifa-Info für Eure politische Zielsetzung »auszuschlachten« kann freilich nur gelingen, indem Ihr ausschließlich die Passagen zu den politischen Folgen der damaligen Ereignisse zitiert. Den gesamten Teil des Beitrages, der sich mit den gesellschaftlichen Ursachen und dem Klima befaßt, die den Ereignissen zugrundeliegen, laßt Ihr unerwähnt. Aus ihm geht hervor, daß Kaindl das Opfer einer von faschistischen Organisationen (und damit auch von ihm selbst) geschürten Hetze und Eskalation geworden ist. Unerwähnt bleibt ebenfalls, daß in dem Beitrag dazu aufgerufen wurde, sich solidarisch zu verhalten und alles zu unterlassen, was bei der Fahndung der Polizei und der bürgerlichen Justiz in die Hände arbeiten könnte.

Zu kritisieren ist auch, daß Ihr aus einem, als Diskussionsbeitrag gekennzeichneten, Artikel eine Stellungnahme der Info-Redaktion macht. In der Überschrift legt Ihr uns das Wort Mord in Zusammenhang mit den Ereignissen in den Mund. Wir haben diesen Begriff bewußt nie gebraucht. Auch die taz müßte wissen, daß zum »Mord« der Vorsatz gehört, der den Beteiligten damit unterstellt wird. Das leistet der Kriminalisierung der Antifa weiteren Vorschub.

[...] Leser der taz, die sich umfassender mit den Positionen des Antifa-Infos befassen wollen, können unser Blatt abonnieren unter: Antifa-Info,

Gneisenaustraße 2a, 1000 Berlin 61

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