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Ein Leben voller Gewalt

■ Eine Frau erstach ihren Mann, der sie neun Jahre lang gequält hatte

, der sie neun Jahre lang gequält hatte

Ingeborg Mau* ist die typische Hausfrau. In ihren Beziehungen suchte sie „Ruhe und Frieden“, war wenig anspruchsvoll, kein Ansatz von Emanzipation, wollte nur ein bißchen Liebe. Die 51jährige machte aber stets schlechte Erfahrungen mit dem Patriarchat — bis es passierte. Nach neunjähriger Ehe mit ihrem zweiten Mann Horst, der sie schlug und quälte, tötete sie den Tyrannen im angetrunkenen Zustand mit vier Messerstichen. Seit gestern muß sich die Frau wegen Totschlags vor dem Schwurgericht verantworten.

Ingeborg Maus Leben war freudlos. Eine richtige Kindheit kannte sie nicht, wurde von der erziehungsberechtigten Tante dauernd geschlagen. Auch ihr erster Mann prügelte sie. Im Streit trat er der Hochschwangeren in den Bauch. Kurz nach der Notgeburt starb das Baby an Gehirnblutung. Doch sie verschwieg den Vorfall, um ihren Mann zu schützen, von dem sie dann noch zwei Töchter bekam. Später ließ sie sich aber doch scheiden, ihr Mann war mehrfach fremdgegangen.

Auf der Suche nach neuem Glück verliebte sie sich in einen Nachbarn: „Wir wollten heiraten, weil er mich liebte.“ Ein kurzes Glück, der Mann starb an einem Herzleiden. Dann lernte Ingeborg Mau ihren zweiten Ehemann Horst kennen: „Ich mochte ihn sehr gern.“ Zwei Jahre lebten sie in Harmonie zusammen, bis sie 1982 heirateten: „Dann war alles vorbei.“ Mindestens alle 14 Tage verprügelte der Tyrann seine Ehefrau, sperrte sie ein, teilte ihr das Einkaufsgeld zu. Allein ausgehen war tabu: „Ich hab‘ alles geschluckt.“

Eines Tages überraschte sie ihn mit Tochter Birgit im Bett ihres Stiefsohnes, der im selben Haus eine Wohnung hatte. Wenn sie ihren Mann zur Rede stellen wollte, bekam sie Prügel. Er zerschmetterte ihr den Kiefer. „Ich konnte sechs Wochen nichts essen und

1trinken, nur schlürfen.“ Mehrmals trat er auf sie ein und würgte sie. Ingeborg Mau: „Wenn mein Sohn damals nicht dagewesen wäre, wäre ich heute tot.“

Neun Jahre dauerte dieses Leben voller Gewalt: „Ich habe immer Angst gehabt.“ Als es zwei Tage nach ihrem 50. Geburtstag, beide hatten an diesem 8. Juli 1991 viel getrunken, wieder zum Streit kam, stach sie zu. Ingeborg Mau: „Ich bin offensichtlich nicht ganz bei mir gewesen.“ Der Prozeß wird fortgesetzt. Kai von Appen

*Name gändert

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