: Weine nicht, kleiner Bob
■ Gutes Geschäft mit Depri-Posing: The Cure in Hamburg
in Hamburg
Der kleine, dicke Junge, der vom Alter her eigentlich schon ein Mann sein müßte, hat ein schweres Leben, glaubt man seinen Liedern. Vom Tod ist viel die Rede, von Phobien und Depressionen. Dabei gibt es indes eigentlich keinerlei Veranlassung für Robert Smith, Sänger der britischen Truppe The Cure, die Welt so düster zu sehen. Ihre Tonträger verkaufen sich gut. Und es gelingt ihnen, große Arenen zu füllen.
Warum dann ein solcher Schwermut? Smith, der aussieht wie ein Pumuckel, das grundsätzlich in Mikrowellen nächtigt, hat sich seit frühester Jugend als Provokateur und Tabubrecher gesehen. So soll er bereits im Alter von acht Jahren die Avon-Beraterin seiner Mutter überfallen haben, um
1fortan verschmiert geschminkt seinen Weltschmerz zu manifestieren. In erster Linie hat er sich mit den dunklen Seiten des Lebens beschäftigt. Wohl, weil er sich selbst gerne als krankhaft neurotisch gibt. Depri-Posing als Marketing-Konzept? Wenn man sich die juvenile Klein- und Vorstadt-Klientel von The Cure ansieht, scheint es tatsächlich so.
Doch das Schwermut-Gehabe erklärt nicht alleine den Erfolg der Gruppe. Der ist, genau wie bei Bands wie U2 und Simple Minds, unfaßbar. Alle drei starteten mit eigentlich unkommerzieller Musik, fern irgendwelcher Trends oder musikalischer Qualitäten. Der Kult- Status sorgt, wie von alleine, für den Erfolg.
In der frühen Post-Punk-Ära als Weltschmerz à la Joy Division und Bauhaus der Trend waren, kamen auch The Cure auf, um später, als sie sich in Pop-Gefilde wagten (The Walk), oder experimenteller wurden (The Top) ihren kreativen Zenith zu erreichen. Hernach glänzte die Band nur noch in poppigen Momenten („Just like Heaven“). Davon gibt es auf dem neuesten Longplayer Wish nur einen, nämlich „Friday I'm in Love“. Ansonsten herrschen unsägliche Tristesse und Selbstzitat vor.
Am Montagabend dürfte davon wenig in die Ohren des Publikums gelangen. Denn: Dazu sind The Cure Geschäftsleute genug, um bei Auftritten dieser Art vornehmlich Best-Of-Ware zu liefern. Und die ist gar nicht so schlecht, und „Fat Bob“ (NME über Smith) mit dem Ernst eines pubertierenden Gothic über die Bühne huschen zu sehen, ist gar amüsant. Kai Rehländer
6.10., Sporthalle, 20 Uhr
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen