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Der Portier ist zurück

■ Bilanz einer Asienreise / Henning Voscherau, ganz ohne Knitterfalten

, ganz ohne Knitterfalten

So richtig gemerkt hatte es ja keiner, aber gestern morgen, kurz nach acht, gab es auf dem Flughafen Fuhlsbüttel die Bestätigung: Henning Voscherau war zwölf Tage lang nicht in der Stadt, hatte Regierungsalltag Regierungsalltag sein lassen und sich auf den langen Marsch gemacht. 30000 Flugkilometer, Hamburg - China - Vietnam - Taiwan - Hamburg, um ..., ja im Grunde, um Portier zu spielen. Türöffner für Hamburgs Wirtschaft in einer Region, in der es noch was zu verdienen gibt. Diesen Job beherrscht der Bürgermeister, das bestätigten zum Schluß der Reise unisono: Handelskammer-Geschäftsführer Schöne, Ostasien-Vereinsvorsitzender Nordmann und natürlich Voscherau selbst.

Dabei standen die südostasiatischen Türen ohnehin sperrangelweit offen. Schließlich erfreuen sich alle drei Länder international nicht gerade übermäßiger Anerkennung, sind froh über jeden Wirtschaftskontakt, um Ächtung, Embargos oder Nicht-Anerkennung zu überwinden. Und so wurde Voscherau hofiert, als wäre er ... na, der „Kaiser von China“ paßt wohl nicht, aber vielleicht Helmut Kohl.

In China zum Beispiel, wo ihm der Vize-Ministerpräsident Zhu Rongji persönlich die Vorzüge der Region Kanton erläuterte, sogar mit ihm im Park spazieren ging und damit, so Voscherau, alle „Wertschätzungskategorien gesprengt“ habe. Oder in Vietnam, wo ihn Parteichef und Außenminister empfingen. Und in Taiwan. In das aus der UNO ausgeschlossene Land reiste der Bürgermeister offiziell zwar nur als Notar, was die Regierung in Taipeh aber nicht daran hinderte, ihn wie einen Staatsgast zu empfangen.

Da freut sich der Bürgermeister und ist selbst nach 22 Flugstunden „gar nicht zerknittert“. Solche Ergebnisse! Die Städtepartnerschaft mit Shanghai verlängert, eine Absichtserklärung der Hanoier Regierung für ein vietnamesisches Handelszentrum in der Tasche. Vielleicht dürfen deutsche Unternehmen auch am jeweils zweiten Bauabschnitt einer Saigoner Brauerei und der Shanghaier U-Bahn mitbauen. Dazu das gute Gefühl, den Weg für viele Hamburger Wirtschafts-Füße in einer Region geebnet zu haben, in der „sich die deutsche Wettbewerbsfähigkeit von morgen“ entscheidet.

Und dann auch noch überall die Themen Umweltschutz und Menschenrechte angesprochen. Der Senatsvorsteher ganz Staatsmann. Da trifft es sich, daß Voscherau heute Argentiniens Präsidenten Menem in Hamburg empfangen und morgen auch noch in Schwerin Einheit feiern darf. Stoßdämpfer bei der Landung im tristen Bürgermeister-Alltag. Uli Exner

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