Femidom — das Kondom für die Frau

■ Neu und heiß umstritten: Knisternde Verhütungsplastiktüte statt Präsersative

Es ist ein unförmiger, knisternder Plastikwulst, glitschig und riesig; frau führt es in die Scheide ein, ein Gummiring sorgt dafür, daß nichts verrutscht — das Femidom, das Kondom für die Frau.

Das weibliche Gegenstück zum altbewährten Präser ist die Erfindung eines dänischen Arztes. Doch die Bremer Sexshops und Supermärkte hat das Femidom noch nicht erobern können - in der BRD ist es noch nicht zugelassen. Lediglich in der Bremer Pro Familia ist die neue Verhütungs-Plastiktüte zu besichtigen. Fürsprecher konnte das Femidom dort aber noch nicht gewinnen. „Ich möchte in Zweifel stellen, daß das Femidom eine Bereicherung bei den Verhütungsmitteln ist,“ winkt Pro Familia Arzt Andreas Freudemann ab. Im Vergleich zum traditionsreichen Gummi für den Mann biete das Femidom keine Vorteile. Selbst im Bereich Aidsschutz kann der Bremer dem Femidom nichts positives abgewinnen: „Wenn eine Frau nicht darauf bestehen kann, daß der Mann ein Kondom benutzt, dann wird er auch nicht akzeptieren, daß sie ein Femidom einführt.“

Ganz anders beurteilt der Hamburger Gynäkologe Heinrich Betz das Femidom; er ließ 35 Frauen das

hierhin bitte die Scheidengrafik

Das Kondom für die Frau — rutscht es oder sitzt es?

Plastiksäckchen mit ihren Partnern ausprobieren und einen Fragebogen ausfüllen. Im Ergebnis sei die Akzeptanz bei Frauen größer gewesen als erwartet. Paare, die generell sogenannten Barrieremethoden — wie Kondom oder Diaphragma — aufgeschlossen gegenüberstehen, kamen mit dem Femidom gut zurecht. Zwar wurde bemängelt, daß die knapp bemessene Gleitflüssigkeit den Geschlechtsverkehr mit Femidom zu einer recht trockenen Angelegenheit machen und die

Verhütungsplastiktüte beim Auf und Nieder knisternde Geräusche von sich gibt. Doch insgesamt fallen die Ergebnisse ähnlich aus wie für's Kondom.

Das Femidom bietet allerdings eine größere Infektionssicherheit als das Kondom, denn es ist aus Polyorethan. Anders als Latex ist Polyorethan absolut undurchlässig und damit in Sachen Aidsverhütung das Mittel der Wahl. Der Schutz vor der Immunschwächekrankheit war die Grundidee zur Erfindung des Kondoms für die Frau.

Das Femidom macht die Frau unabhängig von den Verhütungsgewohheiten des Mannes, und gibt ihr die Möglichkeit, sich ohne große Debatten vor Aids schützen zu können. Doch die Gefahr besteht, daß Männer Verhütung und Aidsschutz wieder auf die Frauen abwälzen. Gerade für Prostituierte könnte das Femidom jedoch von großer Bedeutung werden. „Freier akzeptieren eher ein Femidom, als daß an ihnen herummanipuliert wird“, berichtet Gynäkologe Betz von seinen Untersuchungserfahrungen. In seiner neuesten Studie testete er das Femidom an einer Gruppe von Prostituierten - die ersten Erfahrungen sind vielversprechend. Mit Hilfe von reichlich Gleitmittel scheinen viele Kunden im Rotlichtviertel gar nicht zu merken, daß ein Plastiksäckchen trennend zwischen Scheide und Penis steht.

Ob der Plastiksack nun rutscht oder sitzt, ob er den sinnlichen Genuß beeinträchtigt oder nicht, ob er flutscht oder klebt — all das kann bald selbst ausprobiert werden. Voraussichtlich Anfang Januar '93 wird das Femidom auch hier erhältlich sein.

Silke Mertins