: AusländerInnen sind nicht erwünscht...
■ Bei Autoversicherungen gibt es Sippenhaft / Bei der Huk müssen Türken draußen bleiben
„Das ist eine unheimliche Sauerei angesichts der Vorfälle in Rostock und anderswo!“ Das gesamte Kollegium der Grundschule Am Halmerweg in Gröpelingen, ist erzürnt. Da wollte Orhan Zengin, türkischer Lehrer an der Schule, sein Auto bei der HUK- Coburg versichern lassen. Doch ein paar Tage später erhielt er einen Brief: „Die von Ihnen gewünschte Fahrzeugteilversicherung mit Selbstbeteiligung und die Kraftfahrtunfallversicherung lehnen wir ab.“ Eine Begründung erhielt Orhan Zengin nicht.
Beiläufig erzählte er diese Begebenheit im Kollegium — und wie sich schnell herausstellte, war er unter den türkischen KollegInnen kein Einzelfall. Der Konrektor Hermann Josef Stell griff zum Telefon — „eine Sachbearbeiterin ließ durchblicken, daß AusländerInnen grundsätzlich nicht in die Zusatzversicherungen aufgenommen werden“, erzählt Stell. Jetzt hat die HUK-Coburg einen Brief der Grundschule Am Halmerweg bekommen, in dem das Kollegium gegen die Ungleichbehandlung und Diskriminierung ihrer ausländischen Kolleginnen Protest einlegt. Und: 29 Unterschriften drohen mit Kündigung ihrer HUK- Versicherungen.
Was dem Kollegium am Halmerweg neu war, ist bereits seit Jahren gängige Praxis, die auch der Geschäftsführer der HUK-Coburg nicht abstreitet. Und so formulierte es einmal die VHG-Versicherung: „Bei Versicherungen von Ausländern behalten wir uns die Antragsannahme in den Ergänzungssparten vor.“ Nur die Haftpflichtversicherung darf kein Versicherungskonzern ablehnen. Vor Jahren versuchten die Versicherungskonzerne schon einmal, höhere Haftpflichtbeiträge für AusländerInnen einzuführen — das wurde vom Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt. Bei den zusätzlichen Versicherungsarten können die Konzerne allerdings wählerisch sein. „Diesen 'AusländerInnenzusatz' gibt es bei fast allen Versicherungen“, sagt Bärbel Hartz vom Versicherungskontor. Umgehen läßt er sich meist nur, wenn die ausländischen Versicherungswilligen einen Fürsprecher haben — mit deutschem Paß, versteht sich.
„Ausländer haben einen deutlich schlechteren Schadensverlauf als der Durchschnitt“, erklärt Peter Gauly, Sprecher des Verbandes der Autoversicherer in Bonn, diese Praxis. „Türken haben einen um 50 Prozent höheren Schadensbedarf, Jugoslawen um 30 Prozent, Griechen um 20 Prozent“, rechnet Gauly vor. Bei „Risikogruppen“ sei es normal, daß bestimmte Aufschläge erhoben würden. Oder daß sie eben gar nicht versichert werden.
Auf die Idee, FahranfängerInnen nicht in Teilkasko-Versicherungen aufzunehmen, sei man allerdings nicht gekommen — obwohl die, laut Gauly, 300 bis 400 Prozent mehr Schäden verursachen als der Durchschnitt. Aber die AusländerInnen müssen halt dran glauben — daß eine Einzellfallprüfung meist gar nicht erst erfolgt, sondern nach dem Blick auf die Nationalität gleich der Ablehnungsbescheid gezückt wird, ist eben Schicksal. Gauly: „Die Autoversicherung ist eben eine Massenbranche, da muß es Gruppenbildungen geben. Ich will aber nicht ausschließen, daß es da einzelne Ungerechtigkeiten gibt...“ Stells Kommentar: „Diese Sippenhaft ist unerträglich!“ skai
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