: Soundcheck: Lassie Singers / Rufus Thomas
SOUNDCHECK
Heute abend: Lassie Singers. Statt nach ihrer zweiten, überfliegenden Platte Sei à Gogo zu fragen, reißen die festgestanzten Erwartungen gegenüber weiblich dominierten Gruppen Journalisten dazu hin, sich nach Familienumständen, Gewohnheiten oder dem sportlichen Interesse zum Beispiel der Lassie Singers zu erkundigen: Der Verblüffung über die Gesprächspartnerinnen folgt die Ignoranz, die sich in den Fragestellungen ausdrückt. C.C. Hügelsheim, Kathrin von Witzleben und Almut Schummel, Sängerinnen des Quintetts, ließen auf das Innencover ihrer neuen Platte drucken: „Die Lyrik von Herzensangelegenheiten steht hinter der Prosa der Verhältnisse zurück.“ Der lakonischen Feststellung steht eine Platte gegenüber, die freundliche Anspielungen auf die Kollegen-Mischpoke unterbringt, und Ortsbeschreibungen als lockere, literarische Erhöhung gestaltet: „Hamburg: Ski-Anzüge am Hans-Albers-Platz.“ Beim letzten Hamburger Konzert sagte Hügelsheim von der Bühne herunter: „Menschen, die gegen Kapitalismus sind, sollen uns nicht sexuell belangen“. Gemeint waren auch Interviewer, die, statt zu belangen, demonstrativ die Mitteilungsfähigkeit der Angesprochenen denunzieren, indem sie im Gespräch die „Frauenfrage“ nach vorn schieben. Im Vorprogramm tun sich ein paar Kumpel der Lassie Singers um: Tillmann und Thies, das dynamische Duo von der Regierung. Kristof Schreuf
Kir, 22 Uhr
Heute abend: Rufus Thomas. „Rufus Thomas wäre der neue Geheimtip im Musikbusiness, der kommende Mann, wenn er nicht schon 69 Jahre alt wäre“, schrieb Konrad Heidkamp im Januar 1987 in der taz. Inzwischen ist der Soul-Opa 74 Jahre alt geworden und er will seine zweite Jugend erneut unter Beweis stellen. Für mitreißende Stimmung garantiert der 1917 in Memphis, Tennessee, geborene mutmaßliche Erfinder der Rap- Rhythmen. Auf der Bühne steht
Rufus Thomas seit seinem vierzehn-
1ten Lebensjahr und hat früh gelernt, das Publikum zu überzeugen - damals verkaufte er nämlich Wunderheilmittel an leichtgläubige, zahlungskräftige Weiße. Seinen Geburtsort hat er nie verlassen und ist dort nicht nur als Musiker bekannt. Seit 1950 bis weit in die siebziger Jahre hinein war er der bekannteste Disc-Jockey des Südens, und ließ bei seiner Plattenfirma Sun einen gewissen Elvis Presley seine erste Platte aufnehmen. Thomas' Memphis-Soul ist über die Jahrzehnte stets zeitlos, frisch und groovie geblieben. Nikos Theodorakopulos
Fabrik, 21 Uhr
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