: NEULICH... ... beim Rettungsspaziergang
Da biegst du nichtsahnend in den Park, und plötzlich schaut dich ein dummer Hund an! Und neben dem Hund liegt das Herrchen und jault.
Hier, das hätte jeder gemerkt, war etwas nicht in Ordnung. Und richtig! Auf gleicher Höhe angekommen, hob das schulpflichtige Herrchen den Kopf und rief in höchster Not: Sind Sie Tierärztin? Ich: Nein! Es ist hart, kein Trost zu sein, bloß weil man keine Tierärztin ist.
Was hat denn der Hund, fragte ich vorsichtig und verschanzt hinter meinem Fahrrad; schließlich führt echte Anteilnahme zwangsläufig zu Unbequemlichkeiten. Der Kleine hob den Kopf aus dem Fell seines Hundes, womöglich ein Beagle, und rief, er, also der Hund, habe eine Bohne hinten drin und könne nicht scheißen, obwohl er doch müsse und nun stürbe er ja gleich!
Es war entsetzlich! Ein menschlicher Heulton durchschnitt grausam die milde Herbstluft. Und wirklich sah man hinten an dem Hund ein dünnes Scheißfädchen, das nicht abfallen wollte. Das sei, sagte ich um Haltung ringend angesichts des rückwärtig dauerdrückenden Hundes und des vorne wild trauernden Kerlchens, nicht so schlimm. Und daß man daran stürbe, hätte ich noch nie gehört! Ach, was hatte ich auch schon gehört: hier starb dann eben zum ersten Mal ein Hund an einer Bohne hinten drin!
Der Kleine suchte verzweifelt nach spazierenden TierärztInnen, denn ich war ja noch schlimmer als kein Trost! Der Hund sah weiter verstopft, aber nicht direkt sterbend in die Welt.
Was um Himmels Willen war hier zu tun? Hier tat Erste Hilfe am Kinde not! Also bot ich, vollkommen ratlos, meinen Fahrradkorb für einen Transport zu einer mir bekannten Tierärztin an. Der Kleine klärte sich kurz auf, schniefte, besah erstaunlich kritisch seinen Hund und befand ihn hebetechnisch zu schwer für sich. Zieh' ihm das Zeug doch raus, sagte ich endlich leichthin. Das war aber noch schwerer und vor allem so ekelig. Und wieder ließ er sich auf den Boden fallen und drückte das teure Tier derart verzweifelt, daß allein dieser Druck eventuell ausgereicht hätte, den Scheißfaden hinten raus zu katapultieren.
Mein Gott, und jetzt? Jetzt stand ich da, das Kind lag, und der Hund preßte ohne echte Anteilnahme an seinem Ende. Endlich offenbarte sich mir die Rettung! Ich barg zwei Taschentücher aus meiner Tasche, stopfte sie dem Kinde in die Hand, und es verstand: flugs zog es die Scheiße aus seinem Hund, flugs sprang derselbe von dannen, schon sprang er um die Ecke. Das arme Herrchen sprang mit, vom Schrecken kaum erlöst. Unheil drohte ja an jeder Ecke. Ich aber blieb als eindeutig guter Mensch zurück. Claudia Kohlhase
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