■ Standbild: Die Lach-Rolle
„United Unsinn“,
Montag, B1, 21.30 Uhr
Ein neues Programm möchte immer auch „innovationsfreudig“ sein. Man denkt dann auch an die verschwindende Minderheit von Zuschauern, die sich bei Serien und Spielfilmwiederholungen langweilt. Das neue Dritte vom SFB hat sich unter diesem Erwartungsdruck zu einer praktikablen Lösung durchgerungen. Herr Meisterstein präsentiert eine halbe Stunde lang lustige Kurzfilme. Ehrbar die Absicht. Der Kurzfilm darf nicht sterben. Und ewig soll unser Gelächter sein. Komik soll uns ja für einige Momente das Elend dieser Welt vergessen lassen.
Nur wenige Sekunden dauert die polnische Pingpong-Raserei. Dann der Kampf zweier Schreibtischlampen gegen einen Gummiball. Das ist so noch nicht gezeigt worden. Das macht lecker auf mehr: Der kürzeste Horrorfilm aller Zeiten, von Meisterstein höchstselbst, evoziert Grauen und Brechreiz mit einfachsten Mitteln.
Ein längerer Beitrag („Dienstag“) zeigt das Schicksal eines „Was bin ich“-Junkies, der während der Sendung sein Wohnzimmer mit Bier füllt. Die Risiken der alldeutschen Fernseh- faszination werden schonungslos bloßgelegt. Nicht mit den kurzfilmüblichen Mängeln, sondern sauber entwickelt, ausgeleuchtet und hingelegt. Ja, das ist der Trost, den wir in dieser trüben Zeit so bitter nötig haben. Computeranimation von Peter Lasseter, ein Zeichentrick von Matthias Bruhn stimmten ebenfalls hoffnungsfroh.
Die „Wiederholung des totalen Bildausfalls vom letzten Freitag“ ist schon öfter belächelt worden. Auch der englische Beitrag „Inside a Photo Cabin“ ist, bei aller Klasse, hinreichend bekannt. Überhaupt scheint Meisterstein nur für die halbe Sendung Luft zu haben. Der zunächst noch grenzdebile Eindruck, den er vermittelt, weicht öden Wilmersdorfer Schülerwitzen. Leider nutzt der Moderator die Sendung weidlich aus, eigene Produktionen einzuschmuggeln, die selten die Niederungen des Blödsinns verlassen.
Dennoch ein schüchternes Kußhändchen an Herrn Meisterstein und seine Sendung. Und ein Aufruf an alle Filmschaffenden unter uns: Laßt Meisterstein nicht allein! Gebt ihm gute Kurzfilme an die Hand! Erzählt Eure Geschichten, schnipselt Euer Leben neu zusammen! Niemals möge der Kurzfilm sterben. Deshalb die besten Wünsche für die weiteren Folgen. Olga O'Groschen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen