Nur Verpackung für die Nachricht?

■ Zeitungsverleger wehren sich gegen Töpfers Altpapierverordnung

Berlin (taz) — Der deutsche Zeitungsverleger ist männlich, zwischen 40 und 60 Jahre alt und konservativ. Zumindest das rechtliche Umfeld seines Wirtschaftens soll am besten genauso bleiben wie es ist. Zwei Politiker, die derzeit an neuen Gesetzen basteln lassen, avancierten gestern folgerichtig zu Feindbildern, als der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) nach Berlin zu einem Kongreß der Zunft gebeten hatte: Bundesumweltminister Klaus Töpfer und Jacques Delors, Präsident der EG-Kommission.

Delors will die Tabakwerbung EG-weit verbieten lassen. Und Töpfer droht mit einer neuen Altpapierverordnung, nach der jeder Hersteller von „grafischen Druckerzeugnissen“ künftig das Altpapier zurücknehmen und entsorgen muß. Dabei, so der Gesetzentwurf aus dem Umweltministerium, müssen ab 1.Juli 1993 52 Prozent und bis 1.Juli 60 Prozent des Altpapiers der „stofflichen Verwertung zugeführt“ werden.

Töpfer begründet seinen Vorstoß damit, daß 1990 in der Bundesrepublik noch immer 5,2 Millionen Tonnen Altpapier als Abfall auf Deponien und in Müllverbrennungsanlagen landeten. 47 Prozent davon seien die „grafischen Altpapiere“, Druckerzeugnisse aller Art, gewesen, gefolgt von 41 Prozent Verpackungsaltpapier.

Gegen das erklärte Ziel, diesen Papierberg als Rohstoff zurück in die Produktion zu schleusen, haben auch die Verleger, für die jährlich 4,9 Millionen Tonnen Druckpapier produziert werden, im Prinzip nichts einzuwenden. Sie sehen nur nicht ein, daß sie künftig die Entsorgung bezahlen sollen, die bislang als Aufgabe der Allgemeinheit gegolten hat und von den Kommunen erledigt wird.

Auf die Zeitungsbranche würden 250 bis 350 Millionen Mark zusätzlicher Kosten zukommen, Jahr für Jahr, sagte BDZV-Geschäftsführer Volker Schulze. Die Zahl stamme aus einer unabhängigen Studie, die „wir, das möchte ich hier betonen, nicht bezahlt haben“. Eine Tageszeitung mit einer Auflage von 100.000 müßte 1,5 Millionen Mark im Jahr an zusätzlichen Kosten verkraften. Demnach käme auch auf die taz für nächstes Jahr eine knappe Million Mehrkosten zu.

Die versammelten Verleger beschworen angesichts dieser Zahlen bereits das große Zeitungssterben, auch wenn die meisten BDZV- Mitglieder (anders als die nicht verbandlich organisierte taz) bislang satte Gewinne (zu 65 Prozent aus dem Anzeigengeschäft) einfahren. Der BDZV könne doch auch Subventionen als Ausgleich für die Kosten der Papierabfallverordnung fordern, schlug Töpfers Ministerialdirektor Dietrich Ruchay vor. Das wiederum paßte den Verlegern gar nicht. Sie seien keine Subventionsempfänger, die Entsorgung gehöre wie Straßen und Telefonleitungen nun mal zu den Infrastrukturleistungen, die der Staat erbringen müsse. Was das denn anderes sei als eine verdeckte Subvention, fragte Ruchay zurück.

Einig war man sich mit dem Ministerialdirektor nur darin, daß die Zeitungsbranche keinesfalls besonders umweltschädlich sei. Tageszeitungen enthalten bereits heute zu 70 Prozent Altpapier. Höhere Recyclinganteile stoßen derzeit auf technische Schwierigkeiten, weil Papierfasern sich nur sechs- bis achtmal wiederverwerten lassen. Donata Riedel