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Folgenloser Appell

■ Betr.: "Rassisten sind wir alle", Kommentar von Gerd Nowakowski, taz vom 29.9.92

Betr.: »Rassisten sind wir alle«, Kommentar von Gerd Nowakowski, taz vom 29.9.92

Der Autor trifft den Punkt, aber gerade mit dem provokativen Kommentar und der Überschrift »Rassisten sind wir alle« ist kein multikulturelles Bewußtsein zu schaffen. Der implizierte moralische Appell verhallt folgenlos. Wahrscheinlich gelingt es einem Teil der »Kreuzberger Szene« tatsächlich weniger, das spannungsgeladene Miteinander zu leben. Andererseits gelingt es größeren Teilen der Kreuzberger Bevölkerung sehr wohl, trotz des auf dem Bezirk lastenden »multikulturellen Erfolgsdrucks«, zum Beispiel über Freundschaften unter Jugendlichen (diese 1980 aus der Schule entlassenen Jugendlichen sind inzwischen 28 Jahre alt) und Liebesbeziehungen einschließlich Ehe ein friedliches Miteinander zu leben. »Grenzen wir die Menschen dafür schweigend aus?« Wer ist wir? Auch zwischen den Deutschen und der sogenannten ersten Ausländergeneration bleiben die Wohnungstüren häufiger unverschlossen, als die Medien der Öffentlichkeit verklickern.

Im Bezirk Schöneberg zum Beispiel geschieht multikulturelles Zusammenleben nach meinen Beobachtungen in vielfältiger Weise, von Politik und Medien weniger in den Vordergrund gerückt. Auf Spielplätzen, in Kneipen, in Kinos, Läden und so weiter ist wenig von Ausgrenzung zu spüren. Ohne den Kreuzberger Erfolgsdruck können andere Bezirke wahrscheinlich leichter den Begriff »multikulturell« mit Leben füllen. H.Tietge, Berlin 30

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