: "Im Grunde sind wir alle einsam"
■ Der Saxophonist Jan Garbarek stattet der Hansestadt heute seinen alljährlichen Besuch ab / Ein Gespräch
INTERVIEW
„Im Grunde sind wir alle einsam“ Der Saxophonist
Jan Garbarek stattet der Hansestadt heute seinen alljährlichen Besuch ab/Ein Gespräch
Es gibt nur wenige Musiker, die es geschafft haben, einen eigenen Sound, einen unverwechselbaren Klang zu erarbeiten. Der 1947 in Norwegen geborene Jan Garbarek ist einer von ihnen. In mehr als fünfundzwanzig Jahren hat er nicht nur die Klangfarbe des Hauses ECM geprägt, sondern auch dem Jazz neue Orientierungshilfen gegeben. Heute abend ist Jan Garbarek mit seiner Gruppe zu Gast in der Musikhalle.
Deine letzte Platte „Ragas and Sagas“ hast du mit Musikern aus Pakistan aufgenommen, du gehst aber mit einer anderen Formation auf Tour. Das ist nicht üblich in der Branche.
Die Zusammenarbeit mit Ustad Fateh Ali Khan war eher eine zufällige und einmalige Sache. Pakistanische Freunde von mir haben mir Kassetten von der Gruppe vorgespielt und ich war begeistert. Als die Musiker nach Norwegen kamen, wollte ich behilflich sein, damit sie ihre Musik aufnehmen können. Sie bestanden aber darauf, daß ich auch spielen sollte. So entstand eine gemeinsam Produktion. Es ist aber nicht einfach, mich in deren Musik zurecht zu finden.
Du hast aber schon mit Musikern aus Indien, mit Nana Vasconcelos und Egberto Gismonti zusammengespielt und du hast genug Erfahrung mit Folklore- Musik gemacht. Deine Musik ist doch auch eine Art Folklore, eine universelle vielleicht.
Ich habe mich öfter bemüht und bemühe mich noch, indische Musik zu spielen. Die Musik hat aber andere Skalen und die Musiker haben natürlich eine andere Beziehung zur Musik. Ob meine Musik universelle Folklore ist, weiß ich nicht; ich weiß nur, daß die Menschen auf der ganzen Welt die gleichen Fragen bewegen, deswegen ist Folklore universell.
Ich habe dich oft auf der Bühne erlebt, aber nie habe ich dich lachen sehen.
(lächelnd) Wenn ich aus dem Inneren etwas herausholen will, muß ich mich konzentrieren und entspannen. Dann entspannen sich halt alle Muskeln, deswegen lache ich auch nicht.
Es gibt aber viele Kritiker, die dich den „kühlen Norweger“ oder den „Asket“ nennen. Ist deine Musik die Musik eines einsamen Menschen?
Es kommt darauf an, was du unter „einsam“ verstehen willst. Ich habe meine Familie und meine Freunde, aber in der Tiefe unserer Seele sind wir alle einsam.
Du spielst, genau wie Coltrane, Tenor-, Sopransaxophon und Flöte. Ist er dein Vorbild?
Er hat mich stark beeinflußt und das tut er immer noch. Er war überhaupt derjenige, der mein Interesse für Musik geweckt hat. Ich war zwölf oder vierzehn als sein Saxophon durch das Radio drang und mich ins Herz, in die Seele getroffen hat.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit Musikinstrumenten nichts zu tun. Danach mußte ich allerdings meine Eltern überreden mir ein Saxophon zu kaufen. Übrigens! Hast du mal Coltrane auf der Bühne lachen sehen?
Ich war leider damals zu jung. Was hörst du von deinen alten Aufnahmen gern?
Ich höre meine Musik ständig, wenn ich sie mache. Wenn ich aus meinem „Kabuff“ rauskomme, habe ich den Kopf voll mit diesen Klängen und ich will keine Musik hören.
Was machst du dann?
Ich koche zum Beispiel gern.
Die Fragen stellte Nikos Theodorakopulos
Musikhalle, 20 Uhr
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