: Hildebrandt als Bundeskazlerin
■ Brandeburgische Ministerin redete Schafferinnen schwindelig
„Meine Güte, über Frauenförderungsprogramme und Frauensonderstudien ham wer uns bloß mokiert — und über den –Kampftag für die Frau– ham wer uns lustig gemacht, wenn uns die Männer den Kaffee einjejossen und–n Abwasch für'n nächsten Tach stehenjelassen haben.“
Sind das Worte, die frau von einer Frauenministerin erwartet? Sie sind zu erwarten, wenn diese Ministerin Regine Hildebrandt heißt. Zum 18. Schafferinnenmahl am Donnerstag abend hatte sich die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) nicht nur 100 Frauen aus Rostock, Bremerhaven und Bremen geladen, die in 500-Marks-Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, sondern auch die brandenburgische Allroundministerin Regine Hildebrandt — zuständig für Frauen, Arbeit, Soziales und Gesundheit. Und die redete im Haus der Bürgerschaft ihre Zuhörerinnen mit Berliner Schnauze eineinhalb Stunden lang schwindelig.
Mittlerweile findet sie es übrigens richtig, daß „darauf geguckt wird, ob Frauen überhaupt eingestellt werden, ob sie sich qualifizieren und weiterbilden“. Vor den Schafferinnen und ihren Gästen legte Hildebrandt es darauf an, die gesamte Arbeitsmarktpolitik auf den Kopf zu stellen.
Allzu düster sieht die Situation in den neuen Bundesländern aus, und Frauen sind besonders betroffen: In Brandenburg kommen auf jede freie Stelle 40 Bewerbungen, und zwei Drittel der Arbeitslosen sind Frauen. Sie werden als erste gekündigt und als letzte eingestellt — „bei uns setzt sich das Denken, Frauen seien in bestimmten Branchen deplaziert, schlagartig durch“, so Hildebrandt.
Wie das Problem in den Griff kriegen? Hildebrandts Lösung: „Arbeit für alle, das muß man einfach wollen, und dann kriegt man das auch hin!“ So platt es klingt und so pathetisch sie es sagt — einen Lösungsansatz liefert sie dennoch gleich mit: „Ganze Berufszweige beschäftigen sich damit, Geld profitbringend anzulegen oder es ins Ausland zu schaffen — würde nur ein Bruchteil dieses Sachverstandes aufgewendet werden, um Arbeit zu schaffen, hätten wir's schon!“ Aber: „Niemand will es!“
Gar nicht einkriegen kann Regine Hildebrandt sich über das paradoxe Denken, Arbeitsplätze schaffen koste Geld, das Sozialnetz aber nicht: „Sogar die Bundesanstalt für Arbeit sagt, daß die Finanzierung von Arbeitsplätzen auf Dauer billiger ist als die Finanzierung der Arbeitslosigkeit“, sagte sie in Anwesenheit von Arbeitssenatorin Sabine Uhl, der Bremer WissenschaftlerInnen gerade die gleiche Politik vorgeworfen haben. Trotzdem: Nichts passiert. Und darüber, daß heute 82 Prozent der Frauen in den neuen Bundesländern sagten, es ginge ihnen früher besser, darüber müsse doch nachgedacht werden — „allerdings will ich keine DDR-Nostalgie.“
Die Frauenbewegung im Westen hat den Frauen einiges an Kampferfahrung voraus, findet die Temperamentvolle: „Wir haben die Frauenbewegung doch völlig verschlafen.“ Die, die nicht schliefen, stellten in der anschließenden Diskussion mit viel Elan die altbekannten Forderungen auf: Frauen macht, setzt euch durch, sowohl politisch als auch privat. Hildebrandts Fazit, bevor es zu Pfefferrahmsuppe und Hühnerfrikassee ging: Es muß neue Konzepte geben, sonst ist der soziale Friede in Gefahr.
Begeistern konnte Hildebrandt die 100 Schafferinnen, und vereinzelt wurde die Forderung „Hildebrandt als Bundeskanzlerin“ laut. Dann würde sich der Aufruf „Wir Frauen sollten zu hunderttausenden in Bonn vorm Wasserwerk stehen und das Ding auseinandernehmen“ eventuell erledigen.
skai
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